Was uns Gesichter verraten (Emotionen Teil 2)

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Norman
Gelöschter Benutzer

Was uns Gesichter verraten (Emotionen Teil 2)

von Norman am 26.03.2012 00:35

Für diesen Beitrag musste ich ein paar Bilder machen, bedenkt immer das ich auf den Bildern die Emotionen nur nachgespielt habe, und dies keine echten Emotionen sind, die Bilder dienen lediglich der Veranschaulichung. Dieser Beitrag knüpft direkt an den Beitrag „Emotionen – Die Antriebsfedern unserer Psyche" an.

In diesen Beitrage möchte darauf eingehen woran man bestimmte Emotionen erkennen kann, und auch möchte auch auf mögliche Fehlinterpretationen hinweisen. Ich orientiere mich überwiegend an „Facial Action Coding System" (F.A.C.S.) versuche aber soweit es geht meine eigenen Beobachtungen zu schildern, und habe auch einige Beispielvideos aus dem Internet herausgesucht (Es ist gar nicht so einfach entsprechende Videos zu finden, daher habe ich mitunter die erst besten genommen die ich finden konnte). Da ich die Thematik hier nur anreise, müsstet ihr euch selber weiter mit dieser Materie befassen, was man hier aber nicht nur aus Büchern lernen kann. Sondern um F.A.C.S. bewusst anwenden zu können, müsst ihr üben, üben und nochmals üben. Das macht ihr am besten, in dem ihr von nun an bewusster eure Umwelt und Mitmenschen beobachtet und euch in Wachsamkeit schult. Die meisten können zwar am Gesicht eines anderen sehen, wie er sich gerate fühlt, jedoch wenn ich frage woran sie dies erkennen, bekomme ich nur selten eine Antwort.

Ich werde hier nicht auf einzelne AU´s eingehen, und habe sie der einfachhalber mit Pfeilen auf meinen Bildern dargestellt. Dies soll zum besseren Verständnis beitragen, da ich auch nur die wichtigsten Au´s im Kopf und bezweifele, dass viele von euch alle Au´s auswendig können. (Dieser Absatz bezog sich auf jene, die bereits mit F.A.C.S. vertraut sind.)

Auch möchte ich hier noch drei Warnungen aussprechen:

Othello-Fehler: Selbst wenn wir eine Emotion zweifelsfrei erkannt haben, können wir uns nie wirklich sicher sein, was die Emotion ausgelöst hat. Es gibt immer noch eine Möglichkeit, welche wir nicht bedacht haben. Othello beschuldigte seine Frau des Ehebruchs, als seine Frau darauf anfing zu weinen, deutete Othello dies als Schuldeingeständnis. Othellos Frau weinte jedoch, weil sie zu Unrecht beschuldigt wurde. Also hütet euch davor vorschnell die anderen zu beurteilen.

Brokaw-Fehler: Jeder Mensch hat seine Eigenheiten, mitunter setzen manche Menschen eine Mimik auf, ohne das dahinter wirklich eine Emotion steck. In diesen Fall ist womöglich ein konditionierter Reflex die Ursache, oder es kann auch eine anatomische Ursache haben.

Emotionen ansprechen: Es ist oft ratsam die beobachtete Emotion nicht anzusprechen. Mitunter sind sich die anderen ihrer eigenen Gefühlslage selber gar nicht so bewusst. Auch empfinden viele Menschen es als Störung ihrer Privatsphäre, wenn andere ihre Emotionen lesen, schließlich geben wir uns doch alle Mühe unsere Emotionen vor anderen zu verbergen.

Wir alle können an den Gesichtern unserer Mitmenschen ihre Emotionen lesen, daher wissen wir ob jemand traurig oder glücklich ist. Dies ist so, weil die Handlungsimpulse, welche von den Emotionen ausgelöst werden bei allen Menschen gleich sind, und auch das Erkennen von Emotionen müssen wir nicht erst erlernen. Diese nonverbale Sprache haben wir von unseren Vorfahren geerbt, dies diente nicht nur unseren Ahnen sich untereinander zu verständigen, als die verbale Sprache noch mit wenigen lauten auskommen mussten, sondern war auch hilfreich bei der Kommunikation mit anderen Stämmen. Hätte jeder Mensch eigene Ausdrucksformen für jede Emotion, dann könnten wir nie wissen wie sich der andere fühlt.

Freude

Wenn wir mit anderen Menschen in persönlichen Kontakt treten, dann setzen wir oft ein Lächeln auf. Schon von klein auf wurde uns beigebracht, unsere Emotionen nicht zu zeigen. Das Lächeln ist die häufigste vorgespielte Emotion, auch wenn wir fragen, wie es den anderen geht, ist diese Interesse meist nur vorgespielt, und selbst wenn es den anderen schlecht geht, wird er meist antworten, dass es ihm gut geht.

Freude.jpg

Das Hauptmerkmal der Freude sind die nach oben gezogenen Mundwinkel. Darum wird auch in jeder Kultur die Symbolik eines Smileys  verstanden. Bei einem Lächeln unterscheidet man zwischen einem künstlichen Lächeln Bild F1 und einem echten Lächeln Bild F2. Erstaunlicher Weise habe ich festgestellt, dass viele Menschen bei einem Verkäufer der ein Lächeln wie auf F1 zeigt, eher ein Kaufvertrag abschießen würden, als bei einem Verkäufer mit einen Lächeln wie auf Bild F2. Für mich habe ich darauf folgende Erklärung gefunden. Ein Verkäufer mit einem künstlichen lächeln ist vertraut, da dies die meisten Verkäufer aufsetzen. Ein Verkäufer mit einen echten Lächeln freut sich wirklich, also hat her auch einen Gewinn gemacht. Wenn nun jemand von uns schon das eine oder andere Mal über den Tisch gezogen wurde, so hat der Verkäufer der uns betrogen hat, sich aller Wahrscheinlichkeit wirklich gefreut. Nun generalisieren wir daraus unbewusst, dass wenn sich ein Verkäufer wirklich freut, irgendetwas in Schilde führt.

Wir achten hauptsächlich auf die untere Gesichtshälfte, daher vernachlässigen wir die obere Gesichtshälfte, wenn wir eine Emotion nur vortäuschen. Auf Bild F1 habe ich die Augen normal offen, und es ist keine Reaktion im Augenbereich zu beobachten. Das heißt nicht, dass ich hier zwangsläufig eine Emotion verberge, schließlich kann ich auch lediglich in positiver Stimmung sein. (Wenn man mal auf die Mundwinkel der Passanten achtet, zeigt sich ein recht düsteres Bild von der Stimmung in unserem Land.) Echte Freude empfinde ich auf Bild F1 aber nicht.
Bei einem echten Lächeln Bild F2 hebt sich die Wange und die Augen werden etwas zusammen gekniffen. Dies kann man an Krähenfüßen an den Augen erkennen (rote Markierung Bild F3). Da dies sich inzwischen rumgesprochen hat, sind diese Krähenfüße jedoch kein sicheres Indiz dafür, dass sich die Person wirklich freut, da man neben den Lächeln einfach nur die Augen etwas zusammenkneifen muss.

Bei großer Freude neigen wir dann zu Lachen, auch kann es dann vorkommen das wir die Augen dabei ganz aufreisen und bei ganz großer Freude fühlen wir uns leicht, so dass wir die Arme hochreisen, mitunter hochspringen und einen Freudenschrei von uns geben. Auch empfinden wir mitunter Freude wenn anderen ein Missgeschick wiederfährt (Schadensfreude), die ist bei Männern etwas stärker ausgeprägt als bei Frauen, da bei der Schadensfreude ein Konkurrent in seinen Status sinkt, dennoch sind Frauen genauso zu Schadensfreude fähig wie wir Männer.

Beispiel von extremer Freude

Trauer

Trauer.jpg

Trauer ist genau das Gegenteil von Freude, hier gehen die Mundwinkel nach unten, daher heben wir die Mundwinkel nach oben, um die Trauer vor anderen zu verbergen. Trauer lässt sich jedoch nur sehr schwer verbergen, und es wird umso schwieriger je stärker die Trauer ist. Trauer lässt sich leicht an den Augenbrauen ausmachen. Wenn man traurig ist heben sich die Augenbrauen über der Nasenwurzel, während die Augenbrauen außen etwas nach unten gehen. Oft zeichnen sich dadurch kleine Grübchen über den Augenbrauen ab (Bild T1). Wenn die Traurigkeit sich nur leicht abzeichnet wie bei Bild T1, und auch noch von kurzer Dauer ist, so muss die Person nicht zwangsläufig traurig sein. Trauer hat etwas mit Verlust zu tun, oder die Angst vor dem Verlust. Ich konnte es beobachten, dass in Ärztesprechzimmern die Schwestern kurz den Gesichtsausdruck T1 einnahmen, als sie dem Patienten sagten, dass heute kein Termin mehr frei sei. Dies kommt daher, dass sie einen guten Rapport zu Patienten aufgebaut haben und nun fürchten, dass dieser durch die schlechte Nachricht wieder abbricht.

Bei nicht unterdrückter Trauer Bild T2/T3 ziehen sich die Augenbrauen zusammen, und gehen in der Mitte nach oben. Die oberen Augenlieder gehen außen meist etwas hinunter, aber ist gibt auch Menschen die die Augenlieder bei Trauer heben. Die unteren Augenlider stehen meist unter Spannung. Die Mundwinkel werden nach unten gezogen, und die Unterlippe drückt nach oben. Der Mund kann sowohl offen als auch geschlossen sein. Meist wird dieser bei sehr starker Trauer geöffnet. Wenn wir traurig sind neigen wir dazu zu weinen, dies ist jedoch von Mensch zu Mensch recht unterschiedlich stark aus geprägt.

Beispiel Trauer

Wut

Wut.jpg

Das Hauptaugenmerkmal von Wut Bild W1 sind die nach untern zusammen gezogenen Augenbrauen, deshalb nannte Darwin diese schon die Wutmuskeln. Dies kann jedoch auch eine ganz andere Bedeutung haben. Wir ziehen die Augenbrauchen auch nach unten zusammen, wenn wir und konzentrieren, oder uns körperlich anstrengen. Bei Wut sind unteren Augenbrauen angespannt, die oberen werden meist nach oben gezogen. (Was man hier bei mir nur schwer erkennen kann, siehe dafür das linke Auge auf Bild W3, also das von dir aus gesehene rechte Auge). Wenn man wütend ist, presst man für gewöhnlich die Lippen zusammen, was man wiederum auch tut, wenn man sich anstrengt. Man kann somit sagen, dass wir uns bei Anstrengung ob geistig oder körperlich auch eine wütende Mimik aufsetzen. Bei Starker Wut öffnen wir mitunter auch den Mund, es gibt auch Menschen, die den Zwang zum Schreien bei Wut empfinden. Das Kinn wird hochgezogen, auch kommt es oft vor, dass wir den Unterkiefer vorschieben wenn wir wütend sind. Oft beobachtet man, dass die Augenbrauen vor einem Wutausbruch hochgezogen werden, hierbei handelt es sich um Aufmerksamkeit, dabei prüft die wütende Person die Reaktion der anderen. (Was ich schon im anderem Forumbeitrag angesprochen habe, dass vor einem Wutausbruch ein Fluchtimpuls voraus geht.)

Wut kann auch mit Abscheu kombiniert sein Bild W+E1, wenn jemand mit solch einen Gesichtsausdruck auf dich zukommt, wird er dich wahrscheinlich gleich angreifen.

Beispiel Wut

Beispiel Wut 2

Angst

Angst.jpg

Wenn die Angst nur schwach in unseren Gesicht ausgeprägt ist Bild A1, dann kann sie leicht mit Überraschung Bild U1 (unten) verwechselt werden. Angst hält länger an als die Überraschung, auch kommt es zu einer Anspannung der unteren Augenlieder bei Angst. Bei Angst Bild A2 heben wir die Augenbrauen und die Augenlieder nach oben, dies für sich allein kann aber auch ein Zeichen von Interesse sein. Typisch für Angst ist es, dass sich der Mund horizontal streckt, und wir den Unterkiefer senken. Der Mund kann aber auch geschlossen bleiben, jedoch werden dann dennoch die Mundwinkel nach außen gezogen.

Beispiel Angst

Beispiel Angst 2

Ekel/Abneigung

Ekel.jpg

Ekel kann leicht mit Wut verwechselt werden, und wird bei uns auch oft als Verachtung bezeichnet. Typisch für den Ekel ist das Rümpfen der Nase Bild E1 und E2, dadurch wird auch die Oberlippe mit angehoben. Wenn wir uns Ekeln ziehen wir auch die Augenbrauen zusammen, wodurch man dies auch mit der Wut verwechseln kann. Wenn wir eine Person oder ihre Ansichten abstoßend finden, und hier nicht aus dem Weg gehen können, dann kann aus Abscheu sehr schnell Wut werden. Je stärker unser Ekel ist, umso mehr schließen wir die Augen (wohl auch zum Schutz), der Unterkiefer wird in den meisten Fällen gesenkt und der Mund geöffnet. Bei sehr starken Ekel Bild E4, kann es vorkommen, dass wir die Augen ganz schließen und die Zunge etwas herausstrecken, so als würden wir uns gleich übergeben. Ein typisches Zeichen für Ekel sind die Falten auf der Nasenwurzel (rote Markierung Bild E3).

Beispiel Ekel

Beispiel Ekel 2l

Wenn uns etwas unangenehm ist, kommt es manchmal vor, dass wir hin und wieder mal kurz die Zunge heraus strecken. Diesem Herrn waren wohl einige Fragen unangenehm.

Interview

Überraschung

berraschung__Verachtung.jpg

Überraschung Bild U1hält nur sehr kurz an. Im Gegensatz zu den Schreck wo wir die Augen schließen und den Mund zusammen pressen, öffnen wir bei der Überraschung die Augen, die Oberlieder gehen nach oben, die Unterlieder gehen nach unten. Auch der Unterkiefer geht nach unten, und der Mund öffnet sich. Gegenüber von Angst ist Überraschung nur sehr kurz, und dauert keine Sekunde an, auch findet sich keine Anspannung im unteren Augenlied wieder, Überraschung kann in Angst oder Erleichterung/Freude übergehen.

Beispiel Überraschung

Verachtung/Geringschätzung

Bei der Geringschätzung Bild V1 wird das Lächeln nur in einer Gesichtshälfte vollzogen, doch bedeutet dies nicht gleich, dass wenn ein Lächeln asymmetrisch ist, somit das auch gleich Verachtung ist. Bei mir ist zum Beispiel der linke Wangenmuskel stärker ausgeprägt als der recht, wodurch es zwangsläufig beim Lächeln zu einer Asymmetrie kommt Bild F2 (Brokaw-Fehler). Daher sollte man asymmetrischer Mimik dies stets aus dem Kontext heraus beobachten. Wenn man sich überlegen fühlt dann gibt man auch Blößen in der Körperhaltung frei, wie hier bei Bild V1 ich zusätzlich noch den Kopf zur Seite neige und meine Halsschlagader frei gebe.
Diese Blöße ist aber nicht nur ein Zeichen von Geringschätzung, sondern oft auch ein Zeichen von vertrauen. Quasi, ich vertraue dir, dass du mich nicht angreifst.

Auch wenn man wenig Selbstvertrauen hat, so zeigt man mitunter ein einseitiges Lächeln, in diesen Fall lächelt man aus Verlegenheit. Menschen die sich anderen unterordnen zeigen ebenfalls Blößen, um zu zeigen, dass sie der dominanteren Person vertrauen. Das Zeigen der Halsschlagader kann bei Frauen auch ein Flirtsignal sein.
Der Unterschied zwischen dominanten und devoten Personen liegt hier mehr in der Körpersprache. Ein dominanter Mensch nimmt möglichst viel Raum mit seinen Körper ein, z.B. legt er seinen Arm über den Stuhl neben an, während eine Person die unsicher ist, sich versucht möglichst klein zu machen.

Interpretationen von Augen

Augen.jpg

Bild B1; Augenbrauen zusammen gezogen, während die Augenlieder geöffnet sind:
Hier könnte es sich um Wut handeln, jedoch gibt es auch noch viele andere mögliche Interpretationen. Wenn keine Anzeichen von Wut in der unteren Gesichtshälfte zu finden sind, wird es sich hier wahrscheinlich um Konzentration handeln. Dies kann aber auch ein neutraler zustand bei der betreffenden Person sein, daher sollte eure Aufmerksamkeit immer dann steigen, wenn eine Veränderung in der Mimik stattfindet.

Bild B2; Augenbrauen zusammen gezogen, während die Augenlieder zusammen gekniffen sind:
Hier wird es sich wahrscheinlich um Ekel handeln, jedoch kann dies auch mit Wut gepaart sein. Doch auch bei starker Freude werden die Augen so zusammen gekniffen, hier hat man zwar eine andere Mimik in der unteren Gesichtshälfte, aber dies ist ein schönes Beispiel, wie unterschiedlich einzelne Beobachtungen gedeutet werden können.

Bild B3; Augenbrauen hoch gezogen, und die Augenlieder auseinander gezogen. Wenn dieser Ausdruck nur kurz andauert, so ist dies wahrscheinlich Überraschung. Dauert dieser Ausdruck länger an, dann ist die ein Zeichen für Interesse, was gut an den Falten im Stirnbereich zu erkennen ist. Angst ist hier unwahrscheinlich, da keine Anspannung im unteren Augenlied zu beobachten ist, jedoch kann man eine schwache Angst nicht gänzlich ausschließen.

Bild B4; Augenbrauen hoch gezogen, während die Augen zusammen gekniffen werden:
Dies ist eine sehr selten Kombination, zu mindestens haben ich diese noch nicht bewusst in der Praxis beobachten können. Dies könnte auf Ekel hin deuten, wobei man gleichzeitig interessiert an der Sache ist. Dies könnte auch auf eine abgeschwächte Wut hindeuten, wo die Person sich für die Reaktionen von den Anderen interessiert.

Hier ist ein Beispiel wo jemand vorgibt wütend zu sein, dies ist jedoch einstudiert, und man kann das Interesse in seinen Augen gut erkennen, da er noch nicht abschätzen kann, wie das Publikum reagiert. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Thematik ihn nicht wütend macht, hier wird die Wut nur von der Aufmerksamkeit überlagert.

Beispiel gespielte Wut

In dem Interview bestätigt er später meine Theorie:

Erklärung im Interview

Augenzugangsbewegungen:

Wenn wir Erinnerungen abrufen, bewegen sich auch unsere Augen in die Richtung, wo nach unseren Körperempfinden die Erinnerungen abgespeichert werden. Wenn wir uns an Bilder erinnern, dann gehen die Augen bei den meisten Menschen kurz nach oben, bei kinästhetischen oder auditiven Erinnerungen gehen die Augen nach unten oder zu Seite. Wenn wir uns an Bilder erinnern die wir wirklich gesehen haben, dann sollten die Augen nach rechts oben gehen, und wenn wir die Bilder konstruieren (lügen) dann sollten die Augen nach links oben gehen. Ich konnte jedoch feststellen, dass es hier viele Menschen gibt, bei dem das nicht so ist, oder sogar genau umgekehrt. Auch wenn wir uns an vergangenes Erinnern, oder an etwas denken, was in Zukunft eintreten kann, orientieren wir uns an einer visuellen Zeitlinie. NLP-Kundige kennen dies unter Timeline, aber das geht jetzt hier zu weit weg vom Thema, wer sich mehr dafür interessiert, wird in Internet schnell fündig. Es ist gut mit auf die Augenbewegungen zu achten, manche schwören darauf, andere hingegen nicht. Bei Erregeung/Augregung weiten sich die Pupillen, dies finde ich aber schwer in der Praxis zu beobachten.

Hier habe ich noch etwas auf die Schnelle über die Augenzugangsbewegungen gefunden:

Augenzugangshinweise

Das Anschauen einer Person, und dann den Blick senken kann ein Zeichen der Unterwerfung sein, was bei Frau mitunter auch ein Flirtsignal sein kann, siehe Video (bei 1:05):

Die Geisha

Interpretation vom Mund:

Mund.jpg

Bild M1 ist neutral und soll nur dazu dienen um ein besseren Vergleich zu den anderen zu haben.

Bild M2; hier kann man sehen, dass die Oberlippe leicht angehoben ist, dies ist schon ein deutliches Anzeichen für Ekel oder Abneigung. Solltet ihr den Ausdruck bei irgendeinem anderen sehen, so könnt ihr euch fast sicher sein, dass dieser Person irgendetwas stört. Jedoch könnte ihr euch nie sicher sein was dieser Person stört, im Zweifelsfall einfach nachfragen.

Bild M3; das Zusammenpressen der Lippen deutet auf Wut, Anstrengung oder Konzentration hin. Ich konnte auch beobachten, dass wir diese Geste auch kurz machen, wenn wir uns bei etwas um entscheiden. Solltet ihr eine Person beobachten, die diese Geste immer nur sehr kurz macht, aber in regelmäßigen Abständen, dann deutet das darauf hin, dass sie sich unwohl fühlt. Dies kann ein Zeichen von Stress sein, auch habe ich es schon erlebt, dass die Person in solch einem Fall Schmerzen unterdrückt.

Bild M4; wenn die Unterlippe so vorgeschoben ist, ist dies meist eine Mischung aus Trauer und Wut, und kann in den meisten Fällen als Enttäuschung gedeutet werden. Dies sieht man oft bei Kindern, die etwas haben wollen, es aber nicht bekommen.

Mikro-Mimik und Teil-Mimik

Mikro-Mimik tritt dann auf, wenn wir eine Emotion unterdrücken. Oft sind wir uns selber nicht bewusst, dass wir uns emotional belügen. Eine Mikro-Mimik ist ein Emotionaler Gesichtsausdruck, welcher jedoch nur für den Bruchteil einer Sekunde (meist kürzer als eine 1/5 Sekunde) eingenommen wird. Aufgrund dieser Kürze wird die Mikro-Mimik von den wenigsten wahrgenommen. Eine Teil-Mimik ist wie eine Mikro-Mimik, nur das hier nicht der ganze Gesichtsausdruck gezeigt wird, sonder nur ein Teil des Gesichtes die Mimik einnimmt. Die Teil-Mimik ist genauso kurz wie die Mikro-Mimik, dass gezielte Erkennen muss man üben, jedoch kann man schon nach einer Stunde Übung sehr gut diese kurze Mimik erkennen. Paul Ekman brachte ein Übungsprogramm für Mikro-Mimik (METT) und ein Übungsprogramm für Teil-Mimik (SETT) heraus, ich bevorzuge SETT. Inzwischen gibt es auch METT2, welches ich nicht beurteilen kann, da ich es selber nicht habe.

Hier bin ich auf ein Video gestoßen, was ich inhaltlich sehr uninteressant fand, da die Frau nicht wirklich auf die Reaktionen im Gesicht eingeht, und für mich das mehr etwas mit generalisierten Vorurteilen zu tun hat, und aus schwammigen Formulierungen besteht, die auf fast jedem zutreffen. Ihr braucht euch nicht das ganze Video anschauen, ich möchte es hier einstellen, weil mir an einigen Stellen Mikro-Mimik aufgefallen sind. Siehe die Stelle (01:54), die Interpretation überlass ich aber euch.
Auch soll die Frau in der Show bei zwei Zwillingen herausfinden (2 Frauen, und ein Mann) wer die Freundin von diesem Mann ist. Sie ratet hier auf gut Glück, und da die Change 50 zu 50 ist, hat sie sogar Glück. Jedoch konnte man durchaus erkennen, dass die linke Frau die Freundin von dem Mann ist. Bei 11:38 als gesagt wird, dass Kommunikation eine entscheidende Rolle in ihre Beziehung spielt, presst die linke Frau die Lippen zusammen und nickt, was die rechte wiederum nicht tut. Dies ist schon ein sehr eindeutiges Zeichen, und soll euch zeigen, wozu es dienen kann auf Mimik zu achten. Auch konnte man beobachten, dass die linke Frau öfters den Mann anschaut, während die rechte Frau in dem Moment auf ihre Schwester schaut.

in-gesichtern-lesen-clip

Fehler in der Serie „Lie to Me"

In der Serie „Lie to Me", welche sich ebenfalls mit der Thematik befasst, sind mir ein paar Fehler aufgefallen. Dies soll nicht bedeuten, dass ich die Serie schlecht fand, es ist eine der wenigen Serien der letzen Jahre die mir überhaupt gefallen hat, jedoch ist vieles hier vereinfacht dargestellt, und ganz so einfach kann man Lügner im Alltag nun auch nicht überführen. Dennoch sind in der Serie auch viele richtige Informationen, jedoch ist sie als Lehrfilm ungeeignet, und dient in erster Linie der Unterhaltung.
In der ersten Folge wird am Anfang ein Rassist verhört, der eine Bombe in einer Kirche versteckt haben soll. Der Mann welcher ihn verhört, geht alle möglichen Kirchengebiete durch, bei einem Gebiet sieht er die Mikro-Mimik Ekel/Abneigung (welche in der deutschen Fassung fälschlicher Weise als Verachtung übersetzt wird). Der Verhörer schließt nun daraus, dass die Abneigung daher rührt, dass er das richtige Gebiet erwähnt hat. In der Serie wird dann auch genau dort die Bombe gefunden. Ich möchte hier jedoch auf den Othello-Fehler hinweisen, dass wir nie wissen können, woher die Emotion kommt. Die Abneigung die in der Mikro-Mimik zu sehen war, kann sich auch gegen die Person gerichtet haben, welche die Fragen stellte. Schließlich kann es ihm auch anwidern, dass jemand versucht aus seinem Gesicht zu lesen.

Bedenkt dies immer, wenn ihr glaubt eine Emotion zuordnen zu können.

Buchempfehlungen:

Das wichtigste Buch über diese Thematik ist das von Paul Ekman:

Gefühle lesen: Wie Sie Emotionen erkennen und richtig interpretieren

Auch das von Henrik Fexeus kann ich euch empfehlen:

Die Kunst des Gedankenlesens: Andere durchschauen, verstehen und gewinnen

Thorsten Havener ist ein wahrer Meister im Gesichter Lesen, durch ihm bin ich überhaupt erst auf FACS aufmerksam geworden.

Denk doch, was du willst: Die Freiheit der Gedanken

Hier eine Demonstation von ihm (Ich weiß hier auch nicht genau wie er es mach, kann es nur erahnen):

der Gedankenleser

Thorsten Havener - der Gedankenleser

Zum Abschluss habe ich hier noch eine Seite über FACS gefunden, in dem die wichtigsten Au´s vorgestellt werden:

about facs

Antworten Zuletzt bearbeitet am 26.03.2012 00:47.

Raphael
Administrator

44, Männlich

Beiträge: 243

Re: Was uns Gesichter verraten (Emotionen Teil 2)

von Raphael am 31.03.2012 15:53

Klasse Beitrag, sehr erhellend. Man weiß auf instinktiver, unbewußter Ebene all diese Gesichtausdrücke zu deuten, aber sich bewußt darüber Gedanken zu machen, ist noch einmal viel interessanter. Man sieht, wieviel unbewußt abläuft und wie ununterbrochen wir kommunizieren.

Gestern saß ich beim lokalen Citroen-Händler, um Finanzierungsdetails zu einem Autokauf durchzugehen, und der Verkäufer gab mir am Ende alle Unterlagen in einer Mappe mit. Auf dieser Mappe der Citroen-Bank sieht man folgende vier Gesichter abgebildet:



Wenn man nicht näher hinsieht, wirken alle sehr sympathisch und vertrauensvoll, was ja auch der gewünschte Effekt ist. Aber dann mußte ich hier an Deinen Beitrag denken, Norman. Ohne mich genau damit auszukennen, habe ich mir die Gesichter einmal genauer besehen. Die erste Frau (links) beißt sich auf die Unterlippe, was meiner Meinung nach eine Art "Verlangen" ausdrücken soll und irgendwie sexuell manipulativ wirkt. Der Mann neben ihr preßt die Lippen zusammen, wozu Du geschrieben hast:

...das Zusammenpressen der Lippen deutet auf Wut, Anstrengung oder Konzentration hin. Ich konnte auch beobachten, dass wir diese Geste auch kurz machen, wenn wir uns bei etwas um entscheiden.

Auf mich wirkt das Gesicht hier angestrengt freundlich.

Der Gesichtsausdruckt der Frau im dritten Bild kommt mir spontan unsympathisch und unehrlich vor, aber ich weiß gar nicht recht, woran das liegt. Vielleicht, weil der Mund ein wenig lächelt, die Augen aber nicht.

Zum vierten Bild weiß ich gar nichts zu sagen. Ich finde nicht, daß wirklich ein bestimmtes Gefühl zu erkennen ist.

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Norman
Gelöschter Benutzer

Re: Was uns Gesichter verraten (Emotionen Teil 2)

von Norman am 31.03.2012 22:17

Hallo Raphael,

das zeigen von lächelnden Gesichtern in der Werbung soll den potenziellen Käufer ebenfalls zu einer positiven Stimmung bringen (Emotionen stecken ja einander an). Ein gut gelaunter Käufer ist eher zum Kauf bereit, als ein schlecht gelaunter Käufer.

Die erste Frau beißt sich auf die Lippe und hat die Augen weit offen. Man beißt sich auf die Lippe, wenn man etwas falsch gemacht hat, und unartig war. Die Frau drückt damit aus, dass sie unartig/frech war, oder unreine Gedanken hatte. Die offenen Augen zeigen Interesse. Sie drückt damit aus, dass sie frech war, und nun auf die Bestrafung wartet, was hier definitiv eine sexuelle Anspielung ist.

Bei Bild 3 und 4 lächeln die Augen nicht mit. Man kann jedoch bei allen dreien erkennen, dass das Lächeln nur gestellt ist. Die offenen Augen, welche mit dem Betrachter Blickkontakt halten, täuschen vor, dass sie an dem Betrachter Interesse haben. Beide Frauen haben das Gesicht dem Betrachter direkt zu gewandt. Während die Männer einem von der Seite anschauen.
Die Manipulation liegt hier auch in der Anordnung der Bilder. Beide Männer haben das Gesicht, der 3. Frau zugewandt. Hier habe ich sie mal vertauscht, damit man einmal vergleichen kann, wie die Gesichter auf einem wirken, wenn sich die Männer mit dem Gesicht von der Frau abwenden.

citrobank2.jpg

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Norman
Gelöschter Benutzer

Re: Was uns Gesichter verraten (Emotionen Teil 2)

von Norman am 29.11.2012 23:56

Ich habe gerade eben noch eine Sendung gefunden die sich mit FACS befasst, und will diese euch nicht vorenthalten:

Was unsere Mimik verrät

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ar-iomar

55, Männlich

Beiträge: 126

Re: Was uns Gesichter verraten (Emotionen Teil 2)

von ar-iomar am 30.11.2012 17:02

Da hast du uns ja wieder mit reichlich Material versorgt, Norman.
Ich persönlich nehme die Frage von der Wichtigkeit des Gesichterlesens eher gelassen. Da ich täglich beruflich mit Menschen zu tun habe, muss ich bis zu einem bestimmten Grad das Gegenüber "lesen" können. Doch da wir nahezu ständig von Menschen umgeben sind, lernen wir nebenbei dazu. Wir werden wohl nie perfekt hierin. Ich persönlich möchte das auch nicht. Jede Emotion lesen zu können, kann in wenigen Situationen hilfreich sein, in der Mehrheit jedoch wird die Fähigkeit das soziale Miteinander beeinträchtigen. Womöglich hat uns die Natur deshalb so unfertig in die Welt entlassen.    

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Norman
Gelöschter Benutzer

Re: Was uns Gesichter verraten (Emotionen Teil 2)

von Norman am 20.09.2014 10:47

Mal in eigener Sache: hier in diesem Buch könnt ihr auf Seite 203 ein weiteres Essai von mir lesen zum Thema Emotionen.

http://www.amazon.de/Gewalt-Selbstschutz-Schl%C3%A4ger-Maik-Albrecht/dp/3938305584/ref=sr_1_2?ie=UTF8&qid=1411202715&sr=8-2&keywords=maik+albrecht

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1Alexander

58, Männlich

Beiträge: 1233

Re: Was uns Gesichter verraten (Emotionen Teil 2)

von 1Alexander am 20.09.2014 18:39

@Normen

Ich habe das Editorial gelesen. Was ist das? Ein Handbuch für Straßenschläger? Natürlich hat derjenige einen sigifikanten Vorteil, welcher zuerst zuschlägt. Das ist sogar das hauptsächliche Erfolgsrezept des Straßenschlägers.
Anderseits kann ich das nicht empfehlen, da man so selbst zum Straßenschläger wird.  Man riskiert empfindliche Strafen oder das Konzept geht nicht auf, wodurch zu einer erheblichen Eskaltion kommt.
Ich stimme zu, dass in der heutige Zeit Überlebensinstinkte abstumpfen. Salopp ausgedrückt: wenn der Chef einen niedermacht, muß er nicht damit rechnen auf der Stelle erschlagen zu werden. Das führt zu anderen Verhaltensweisen als in der Einöde Afganistans. Aber da ist ein zweites Thema.
Gegen Verrückte oder Besoffene helfen Abwehrstrategien ohnehin kaum. Dann hat man halt Pech.
Aber anderseits kann man solche Situationen recht leicht vermeiden. Wer sich in Bahnhofsspelunken rumtreibt, sich nachts in einen S-Bahn voller Besoffener setzt oder im Messerstechermileu rumtreibt, erhöht sein Risiko . Aber das hat man ja allermeist selbst in der Hand. Ansonsten leben wir in sehr sicheren Gefilden um die uns die Mehrheit der Erdenmenschen sicher beneiden. Ein Problem hat nur der, welcher erwartet, dass totale Sicherheit garantiert ist.

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Norman
Gelöschter Benutzer

Re: Was uns Gesichter verraten (Emotionen Teil 2)

von Norman am 21.09.2014 15:54

@Alexander

Wie der Titel schon sagt, befasst sich das Buch mit der Thematik Gewalt und wie man sich vor ihr schützt. Und wie du bereits schon geschrieben hast, ist der beste Schutz gegen Gewalt ihr aus dem Weg zu gehen.

Leider wird in den meisten Kampfsport-Vereinen und Selbstverteidigungskursen ein anderes Bild vermittelt. Hier werden Techniken demonstriert und geübt, welche in einen echten Kampf in den sicheren Untergang führen. Jemand, welcher schon Jahre lang in solch einen Verein trainiert und seinen weißen Ki vielleicht schon mit einem schwarzen Gürtel schmückt, kann in Versuchung kommen bei einer drohenden Eskalation mit einem Schläger sich auf den Kampf einzulassen.

Ein Schläger setzt auf Brutalität nicht auf Technik, daher ist es vollkommen egal wie gut der Vereinskämpfer ist, sofern er nicht bereit ist Gewalt gegen den Schläger einzusetzen, hat er keine Chance. Das ist nicht schön, doch ist es für über 200.000 Menschen jedes Jahr in Deutschland die Realität (die Dunkelziffer ist wahrscheinlich nochmal um ein vielfaches höher.)

Daher will dieses Buch den Leser für die Thematik Gewalt sensibilisieren, und welche Folgen diese nach sich zieht. Anders als beim Sport gibt es im Alltag keine fairen Kämpfe, man bekommt keine Zeit sich vorzubereiten, ist basiert womöglich in den ungünstigsten Augenblicken, wenn die Blase drück, kurz nach einer OP, oder man aus andern Gründen nicht gut drauf ist. Ohne, dass man weiß, wie man in die Situation geraden ist, bricht die Welt über einem zusammen.

In solch einen Kampf gibt es nichts zu gewinnen, doch man kann alles verlieren. Man riskiert seine Gesundheit, sein Leben und seine Freiheit. Selbst wenn man Siegreich aus den Kampf kommt, sind Verletzungen mit bleibenden Schäden keine Seltenheit, auch muss man Juristischen Konsequenzen rechnen. Daher hast du vollkommen recht, dass man soweit möglich jeden Kampf aus dem Weg gehen sollte.

Man kann gewisse Vorsichtsmaßnahmen treffen, wie du bereits schriebst. Man kann bestimmt Orte meiden, und auf bestimmte Anzeichen achten, und mit den eigenen Verhalten es erst gar nicht eskalieren lassen. Dies ist das Hauptaugenmerk des Buches.

Sicherlich leben wir in Deutschland sehr viel sicherer als in z.B. Westafrika, doch auch wenn nur 2 % unserer Bürger Opfer eines schweren Gewaltdeliktes werden, nützt es das Oper als Individuum nichts. Vor zwei Jahren wurde in meiner unmittelbaren Nachtbarschaft ein alter Mann niedergestochen als er seine Einkaufstüten nach Hause trug, und das zur Mittagszeit. Der Täter konnte nie ausfindig gemacht werden. Ein Bekannter von mir wurde in seinen Bungalow eines Nachts mit vorgehaltener Waffe ausgeraubt. Der Täter wurde aus Mangel an Beweis nicht verurteilt. Eine Klassenkameradin wurde auf dem Heimweg von der Berufsschule brutal zusammengeschlagen, starb Monate später. Da man nicht wirklich nachweisen konnte, dass der Tod mit dem Überfall zusammen hing, gingen auch hier die Täter nahezu straffrei aus. Erst vor ein paar Monaten klagte eine älter Dame in meiner Nachtbar schafft mir ihr Leid. Jugendliche hatten ihren Enkelsohn vor einem Kino so sehr zusammengeschlagen, dass dieser mehrere Tage auf der Intensivstation verbringen musste, wie es hier für die Täter ausging weiß ich nicht.

Dies ist eine Realität vor der man sich verschließen kann, doch umgibt sie uns, ob wir es wollen oder nicht. Ich wünsche jedem Menschen nie in so eine Situation zu kommen, doch wenn man in so etwas hinein gerät, ist es besser vorbereitet zu sein.







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1Alexander

58, Männlich

Beiträge: 1233

Re: Was uns Gesichter verraten (Emotionen Teil 2)

von 1Alexander am 21.09.2014 20:16

@Normen
Ich entnehme deinem Post, dass Dir das Thema irgendwie wichtig liegt. Und wer bin ich, dass ich dir das ausreden will.
Anderseits dürfte das Thema außerhalb Gewalt-Hot-Spots kaum von Bedeutung sein. Das Gewalterfahrungen traumatisch sind, steht außer Frage. Ich warne vor einem verengten Blick. Klar Grundkenntnisse sind solchen Fragen schaden nicht, sind aber auch kein Universalrezept.
Ich war vor einem Jahr Zeuge eines spontanen und völlig unvorherzusehen gewalttätigen Übergriffs. Jemand aus einer Gruppe von Jugendlichen, hat einen jungen Mann mit Koffern in der Hand (also nicht abwehrfähig), grundlos und an einer belebten Straßenbahnhaltestelle, zur frühen Abendzeit, die Faust ins Gesicht geschlagen. Dieser ist dann sofort niedergegangen.
Ich war dann 3 Wochen(!) später Zeuge bei der Gerichtsverhandlung. Der Täter war ein Jüngelchen, welche wie ein Häufchen Elend zusammengesunken auf der Anklagebank saß. Ich habe ihn genau beobachtet. Er hat sich offensichtlich so geschämt, dass er immer die Hand vor seine Augen gehalten hat. Ich bin mir ganz sicher, dass er zu diesem Zeitpunkt sich seine Übermuthandlung selbst nicht mehr erklären konnte. Sicher es mag auch andere Figuren geben.
Ich habe mich dann noch etwas mit dem Opfer unterhalten. Dieser war durch den Gewaltakt immer noch von der Rolle. Sicher hatten ihn bis dahin Rachephantasien und der Wunsch nach Genugtung geplagt. Ebenso hat er sich ganz sicher das Szenario in Gedanken wieder ablaufen lassen, um  seinen Fehler zu finden oder daraus für Strategien zu lernen, damit in sowas nicht noch mal passiert. Aber aus einer solchen Situation kann man nicht entgehen und man kann auch nichts für die Abwehr lernen.
Das führt anderseits zu der befreienden Erkenntnis, dass man auch nicht dem Zwang ausgesetzt ist das Unmöglichen tun zu müssen. Mit dieser Erkenntnis und einem Blick auf die Gesamtzusammenhänge war der junge Mann nicht mehr das hilflose Opfer und war nach dem Gespräch recht zufrieden.
Wenn man sich mit Gewalt auseinandersetzen will, dann nicht auf dem Niveau von Straßenschlägerein. Es gibt sehr gute Forschungen, welche sich mit dem Thema wissenschaftlich im größerem Umfang auseinandersetzen. Es kann nie schaden den Horizont zu erweitern. Wenn Du in einem Gewalt-Ghetto wohnest und damit nicht konfrontiert werden willst, dann rate ich wegzuziehen. Man kann sich von solchen Geschichten runterziehen lassen, aber das trübt den Blick.


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Norman
Gelöschter Benutzer

Re: Was uns Gesichter verraten (Emotionen Teil 2)

von Norman am 21.09.2014 22:59

@Alexander

Um Missverständnisse auszuschließen, ich habe das Buch nicht geschrieben, am Ende des Buches ist ein Essai von mir ca. 20 Seiten, ansonsten sind nur ein oder zwei Fußnoten von mir. Das sind die Autoren:

Maik Albrecht

Frank Rudolph

Wie gesagt, ist das Buch kein Leitfaden für Schläger, sondern wie man Konfrontationen mit ihnen vermeiden, und wenn dies nicht möglich ist, zeigt das Buch Optionen auf, was in solchen Fällen möglich ist. Die Fallbeispiele sind nicht schön, und das sollen sie auch nicht sein, sie spiegeln reale Begebenheiten wieder, welche so, oder in ähnlicher Form sich wirklich abgespielt haben.


Obwohl ich täglich trainiere, würde ich nach wie vor wegrennen, wenn mir jemand ein Messer vor die Nase hält. Lieber ein lebender Feigling, als ein toter Held. Auch musste ich noch nie Gewalt gegen einen anderen Menschen anwenden, und hoffe sehr, dass dies bis ans Ende meiner Tage so bleiben wird.


Man hat nicht immer die Möglichkeit wegzuziehen, momentan wohne ich zwar in einer größeren Stadt, wo es wohl täglich zu Gewaltdelikten kommt, was für größere Städte wohl normal ist. Dennoch finde ich meine jetzige Umgebung recht friedlich.


In meiner Jugend wohnte ich in einen Ort, wo die Gewalt in meinem Plattenbau-Viertel in den Jahren nach der Wende sprunghaft in die Höhe schoss. Mit steigender Verelendung (ein großes Werk wurde geschlossen, wodurch von einen Tag auf den anderen die halbe Stadt ihren Arbeitsplatz verlor), steigt auch die Kriminalität. Inzwischen ist der Ort wieder sehr friedlich, was wohl durch die starke Abwanderung kam.


So etwas kann jedoch überall passieren, gerade in der heuten Finanz- und Wirtschaftswelt (da kennst du dich ja bestens aus).


Bestes Beispiel ist Detroit:


Auch die Menschen in der Urkraine müssen sich momentan mit dem Thema Gewalt befassen, ob sie es wollen oder nicht. In einigen anderen Gegenden der Welt, sieht es sogar noch schlimmer aus. Und zwischen 1938 – 1945 müssten sich fast alle Menschen in Mitteleuropa damit auseinander setzen. Ich würde gerne sagen, dass die Menschheit daraus gelernt hat, und dass sich so etwas nicht wiederholen wird, doch wenn man in die Geschichtsbücher schaut und diese mit den aktuellen Meldungen aus den Nachrichten vergleicht, bezweifle ich dies stark.

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