Notwendigkeit der dunklen Materie

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Oli
Gelöschter Benutzer

Notwendigkeit der dunklen Materie

von Oli am 07.01.2013 11:23

Hallo zusammen,

wir kennen die Aussage der Standard-Theorie zum Universum bezüglich der dunklen Materie: die Gravitation der sichtbaren Materie reiche nicht aus, um bestimmte Bewegungen und Formationen im All zu erklären, deshalb müsse es eine dunkle Materie geben, die nur gravitativ mit der uns sichtbaren Materie wechselwirke.

Dazu habe ich ein paar Fragen, ich werde diese exemplarisch an unserer Milchstraße festmachen:

-wie bestimmt man die Masse eines Sternes (z.B. unserer Sonne)?

-wie bestimmt man die (ungefähre) Anzahl der Sterne in unserer Galaxie?

-wie bestimmt man den Durchmesser der Galaxie, bzw. wie bestimmt man den Abstand unserer Sonne zum galaktischen Zentrum?

-wie bestimmt man die Masse der Galaxie (es gibt große Sterne, kleine Sterne, und jede Menge Gas und Staub)?

Wenn man sich den Wikipedia-Artikel zur Milchstraße durchliest, fällt auf, dass vieles gar nicht genau bestimmt worden ist, sondern auf Schätzungen beruht.

Desweiteren:

-woher wissen wir, dass und wie schnell die Milchstraße rotiert? (wir sehen nur eine Momentaufnahme der Milchstraße)

-woher wissen wir, dass die Milchstraße zeitlich relativ stabil ist, also z.B. vor 1Mrd. Jahre nicht eine ganz andere Form hatte? (Hintergrund dieser Frage:"Fliegt" unsere Galaxie vielleicht doch auseinander?)

Vielleicht kann der eine oder andere ja meine Fragen beantworten. Ich möchte betonen, dass meine Fragen zunächst keine generelle Kritik an der Standard-Kosmologie sind, sondern dass ich nachvollziehen möchte, wie man zu Aussagen bezüglich unserer Galaxie (und unseres Universums) kommt, und was davon wirkliche Beobachtungen, und was Interpretationen sind...

 

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Hannes

65, Männlich

Beiträge: 782

Re: Notwendigkeit der dunklen Materie

von Hannes am 07.01.2013 19:31

Ich bin nicht wirklich qualifiziert, um all Deine Fragen zu beantworten, aber damit nicht erst eine längere Pause eintritt, fange ich mit der ersten Teilfrage an:

Abgesehen von unserer Sonne (Berechnung der Sonnenmasse ) als Einzelstern, konnte man die Sonnenmasse bis vor recht kurzer Zeit nur bei Doppelsternen berechnen!

Hier wird eine Methode zur Massenbestimmung bei Doppelsternen vorgestellt (scheint aber auch nur bei ein paar Hundert bisher praktiziert worden zu sein):

Massebestimmung bei Doppelsternen

Als alternative Methoden werden dort noch die Nutzung der relativistischen Rotverschiebung sowie Masse-Leuchtkraft-Beziehung genannt.

Erst 2004 erfolgte der u.g. Seite zufolge das erste Mal (abgesehen von unserer Sonne) die Berechnung der Masse eines Einzelsternes mittels „Mikrolinsen-Effekt" für Messungen, die bereits 11 Jahre früher vorgenommen wurden:

Erste Masseberechnung für einen Einzelstern

Offenbar ist das alles sehr aufwändig und unwahrscheinlich zeitraubend, was erklärt, dass offenbar durchweg alle Aussagen für größere Systeme oder Zusammenhänge wie z.B. die Milchstraße auf bloßen Schätzungen beruhen, über deren Qualität ich hier nicht spekulieren möchte.

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Oli
Gelöschter Benutzer

Re: Notwendigkeit der dunklen Materie

von Oli am 08.01.2013 13:36

Danke Hannes,

 

ich hab jetzt selbst mal das Internet quergelesen....

Massebestimmung der Sonne (und anderer Körper, so sie einen Satelliten haben) ist mit den Keplerschen Gesetzen möglich, wenn Entfernung zum Satelliten, Umlaufzeit und die Gravitationskonstante bekannt sind. Für unser Sonnensystem sind die Bahndaten der Planeten gut bekannt, und so ist die Bestimmung der Sonnenmasse möglich. Ebenso kann die Planetenmasse bestimmt werden, wenn dieser Planet über mindestens einen Satelliten (Mond) verfügt. Vorraussetzung ist hier allerdings, dass die Satellitenmasse klein gegenüber dem Zentralkörper ist, sonst bekommen wir ruck-zuck ein Mehrkörper-Problem, dass analytisch nicht mehr lösbar ist (nur numerisch).

Wie siehts nun mit unserer Galaxie aus? Die Bahndaten der Sonne in Bezug auf das galaktische Zentrum scheinen bekannt zu sein. Wie sie bestimmt wurden, und mit welcher Genauigkeit, weiß ich nicht.

So kann man nun die Zentralmasse innerhalb der Sonnenlaufbahn berechnen. Schön! Leider macht es einen Unterschied, ob man die gesamte "innere" Masse ins Zentrum setzt, oder wenn sie über den gesamten Radius bis zur Sonnenbahn verteilt ist. Wie die Wissenschaftler nun gerechnet haben, um auf das Vorhandensein von dunkler Materie zu kommen, weiß ich nicht...

Immerhin ist die Milchstraße ein Mehrkörper-Problem mit vielen Milliarden Körpern...

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Hannes

65, Männlich

Beiträge: 782

Re: Notwendigkeit der dunklen Materie

von Hannes am 13.01.2013 13:11

Du hast inzwischen vielleicht auch schon zur Deiner Frage "Wie bestimmt man die (ungefähre) Anzahl der Sterne in unserer Galaxie?" nachgelesen.

Ich habe die - allerdings 10 Jahre alten - Ausführungen der Sternwarte Höfingen (u.a.) gelesen.
Dort, also bei der Sternwarte Höfingen , liest sich das wie folgt:

"Den Hauptteil unserer Galaxie bildet also eine flache Scheibe von ca.30 kpc Durchmesser (1 kpc = 1 kiloparsec = 1 000 parsec = 3 262 Lichtjahre). Die größte Dicke der Scheibe misst ca. 1 kpc. Der zentrale Kern der Galaxie misst ca. 5 kpc im Durchmesser. Unser Sonnensystem steht etwa 9 kpc vom Zentrum entfernt. Die Scheibe rotiert mit einer Periode von ca. 250 Millionen Jahren. Die Geschwindigkeit des Sonnensystems ist dabei 250 km/s. Aus diesen Daten lässt sich nun, durch eine einfache Rechnung, die Größenordnung der Masse, und damit der Anzahl der Sterne ermitteln, wenn wir davon ausgehen, dass unsere Sonne ein Stern durchschnittlicher Größe ist. Die Rechnung berücksichtigt jedoch nur die innerhalb des Radius Sonne - Galaktisches Zentrum (2/3 des Durchmessers der Galaxie ) liegenden Massen. Unser Ergebnis zeigt uns also nur einen Teil der Gesamtmasse. Es gibt uns aber immerhin einen Richtwert, von dem aus wir eine vernünftige Abschätzung der Gesamtmasse vornehmen können.

Die Rechnung geht vom sogenannten Zweikörperansatz aus.

Ein Körper umkreist eine Zentralmasse auf einer kreisförmigen Bahn, das heisst seine Fliehkraft muss so groß sein, wie die Anziehung der Zentralmasse auf den umlaufenden Körper.

Die Fliehkraft ist K1 = mS * v2 / r

Die Anziehungskraft K2 = G * mS * MGal / r2

Da K1 = K2 sein muss, erhalten wir: mS * v2 / r = G * mS * MGal / r2 ; MGal = r * v2 / G

Verwendete Größen:

G Gravitationskonstante, bekannt

r Abstand der Sonne vom Zentrum der Galaxie

ms Sonnenmasse

MGal Masse der Galaxie

Als Ergebnis erhalten wir 130 Milliarden Sonnenmassen. Diese Rechnung berücksichtigt wie gesagt nur die innerhalb der Sonnenbahn befindliche Masse. Genauere Rechnungen gehen von 200 Milliarden Sonnenmassen aus. Wenn unsere Sonne ein durchschnittlicher Stern der Milchstraße ist, dann befinden sich in unserer Galaxie also demnach 200 Milliarden Sterne."

Eine wirkliche Zählung der Anzahl der Sterne gibt es also sowieso nicht. Inzwischen hat man wohl auch immer mehr lichtschwache  Braune Zwerge und Sterne der M-Klasse entdeckt. Die Form und damit Zahl und Verteilung von Sternen unserer Milchstraße scheint in der Diskussion auch eine Veränderung erfahren zu haben (von einer früher 4-5 armigen zu einer 2-armigen Balkenspiralgalaxie) und vielleicht ändert sich in der Zukunft die herrschende Meinung erneut.

Wenn die Milchstraße also nach traditioneller Rechnung - oder besser Schätzung - 100 bis 300 Milliarden Sterne besass, dann kann sie nach neueren Überlegungen, die von 3x mehr Sternen im Universum ausgehen und anderen Schätzmethoden eben auch rasch mal über eine Billion Sterne haben, womit sie unterdurchschnittlich wäre, wenn man einer Meldung von vor drei Jahren traut, nach der eine Galaxie im Durchschnitt 3 Billionen Sterne haben soll.

Der Bereich der Fehlertoleranz kann also statt 50% auch schon mal der Faktor 10 sein.

Und schon daher scheint man einmal mehr oder einmal deutlich wesentlich weniger "Dunkle Materie" zu brauchen.

Ich hoffe sehr, dass dies kein Zwiegespräch bleibt.

 

 

 

 

 

 

 

Antworten Zuletzt bearbeitet am 13.01.2013 13:13.

Oli
Gelöschter Benutzer

Re: Notwendigkeit der dunklen Materie

von Oli am 13.01.2013 18:20

Hallo Hannes (Zwiegespräch geht weiter),

danke für deine Recherche! Wenn ich richtig gelesen habe, ist hier die Materie ausserhalb des Radius unserer Sonne um das galaktische Zentrum noch unbeachtet.

Jetzt führe ich die Rechnung mal für einen (hypothetischen) Stern am Rande unserer Galaxie durch, von dem ich annehme, dass er die gleiche Masse wie unsere Sonne hat:

r(Stern) = 1.5 x r(Sonne)

v(Stern) = 1.5 x v(Sonne) aufgrund der ebenen Rotationskurve laut Beobachtungen)

die Fliehkraft, die auf den aussen gelegenen Stern liegt, ist 1.5 mal so stark wie die Fliehkraft, die auf unsere Sonne wirkt.

Daraus folgt, dass die innenliegende Masse um den Faktor 1.5 höher sein muss wie bei der Rechnung mit der Sonne als Satellit. Wahrscheinlich kommt man so auf die ~ 200Mrd. statt 130Mrd. Sterne...

Schön, was man so alles berechnen und abschätzen kann...

 

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Hannes

65, Männlich

Beiträge: 782

Re: Notwendigkeit der dunklen Materie

von Hannes am 15.01.2013 15:21

Na, dann müssen wir leider erst einmal zu zweit weiter werkeln, Oli!

K.S. de Boer von der Sternwarte der Universität Bonn schreibt zur Entschlüsselung der großräumigen Struktur unserer Galaxis einiges, was Deine Fragen berührt:

Entschlüsselung der großräumigen Struktur unserer Galaxis

Siehe speziell die Gliederungspunkte 3. Entfernung zum Zentrum der Galaxis und 6. Größe der Scheibe. Andere Deiner Fragen werden unter 2. Sternzählungen und räumliche Verteilung der Sterne sowie 4. Rotationsgeschwindigkeit adressiert.

Die Entfernung zum Zentrum der Galaxis wird nach de Boer auf einem Umweg ermittelt, der unter dem obigen Link grob beschrieben wird.

Aus der Tatsache, dass die Kugelsternhaufen eine nahezu sphärische Verteilung aufweisen, wird geschlossen, dass der Mittelpunkt von deren Verteilung das gravitative Zentrum der Milchstraße sein muss (sodass man damit die Entfernung zum Zentrum bekommt) als auch dass die Kugelsternhaufen als System nicht um das Zentrum rotieren sondern Tauchbahnen [Begriff wird dort leider nicht definiert – H.] mit willkürlicher Orientierung haben. De Boer schreibt weiter:

 

In Kugelsternhaufen findet man meistens auch veränderliche Sterne des Typs RR Lyr. An Hand der Entfernungen der Kugelsternhaufen stellte sich heraus, dass diese Sterne alle etwa die gleiche (mittlere) absolute Helligkeit haben. Mit dieser Erkenntnis konnten dann frei im Halo vorkommende RR Lyr Sterne (es gibt im Halo noch viele andere alte Sterne auch!) ebenfalls einfach zur Bestimmung der sphäroidalen räumlichen Verteilung der Sterne und somit zu der Bestimmung der Lage des galaktischen Zentrums herangezogen werden (Bild 6). … Bild 6. Die Entfernung zum Zentrum der Milchstraße wurde mit Hilfe der von Plaut durchgeführten Palomar-Groningen Survey (1950-1975) von Oort und Plaut (1975) aus der räumlichen Verteilung der RR Lyr Variablen abgeleitet.

 

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass man die Entfernung zum Zentrum der Galaxis mittels der Entfernungsbestimmung für Kugelsternhaufen bzw. RR Lyrae-Sternen in denselben unter Zuhilfenahme von Farb-Helligkeits-Diagrammen (FHDs) in unserer Galaxis abschätzt. Dabei wird angenommen, dass der Mittelpunkt der Verteilung der Kugelsternhaufen identisch ist mit Entfernung zum Zentrum der Galaxis.

Für mich besonders interessant ist das Eingeständnis unter Punkt 6 mit folgendem Text:

 

Wie groß die Scheibe der Galaxis ist, kann nicht einfach festgestellt werden. [sic – H.] Die räumliche Dichte der Sterne nimmt senkrecht zur Scheibe ab, sie wird auch in Richtung weg vom Zentrum der Galaxis immer geringer. Bei Messung anderer Galaxien stellt man fest dass, je länger die Belichtung, um so ausgedehnter die Galaxie erscheint. Aber in irgendeiner Entfernung ist die räumliche Dichte der Sterne so gering, dass sie im Vergleich zur Dichte in der Scheibe vernachlässigbar wird. Von jenseits dieser Entfernung kommt dann kein Sternlicht, die Galaxien haben daher einen Rand. Strahlung vom Gas lässt sich oft bis in größerer Entfernung nachweisen.

 

Man scheint sich also über diese Entfernung auch streiten zu können und das erwähnte „Gas" ist m.E. Plasma – oder besser verschiedene Plasmen.

 

 

 

 

Antworten Zuletzt bearbeitet am 15.01.2013 18:04.

Hannes

65, Männlich

Beiträge: 782

Re: Notwendigkeit der dunklen Materie

von Hannes am 15.01.2013 17:53

Und da ich heute gar nicht genug bekommen kann, komme ich gleich zu einer weiteren, allerdings nicht in der vorgegebenen Reihenfolge stehenden Frage:

 

woher wissen wir, dass die Milchstraße zeitlich relativ stabil ist, also z.B. vor 1Mrd. Jahre nicht eine ganz andere Form hatte? (Hintergrund dieser Frage: "Fliegt" unsere Galaxie vielleicht doch auseinander?)

Bevor man die Galaxie auseinander fliegen lässt, muss man sicher erst einmal fragen, wie sie entstand bzw. „zusammen gefunden" hat. Auch das impliziert Entwicklung, also langfristige Veränderungen großen Stils. Es wird keine Galaxie erschaffen, die dann ewig unverändert fortexistiert, nachdem sie einen bestimmten Zustand erreicht hat. Meines Erachtens ist es nur natürlich, dass Galaxien über längere Zeiträume ihre Form, Ausdehnung und Struktur drastisch verändern. Dafür muss man wohl auch nicht zwangsläufig „Katastrophist" sein, um das akzeptieren zu können.

Aus der Sicht des Standardmodells hat sich Harald Lesch in der Sendung „Sind Galaxien stabil?" bei alpha Centauri, Staffel 4, Episode 185 damit beschäftigt. Siehe:

Sind Galaxien stabil?

Seine zusammenfassende Schlussfolgerung (bei 12:50-12:55 Min.) lautete im Originalton:

„Galaxien sind absolut instabile Gebilde – es gibt kein Gleichgewicht in einem System, wo die Gravitation als ultimative Kraft sozusagen alles dominiert."

Damit ist Deine Frage eigentlich schon beantwortet, Oli!

 

Antworten Zuletzt bearbeitet am 15.01.2013 19:23.

Hannes

65, Männlich

Beiträge: 782

Re: Notwendigkeit der dunklen Materie

von Hannes am 15.01.2013 17:55

Für Leser, die keine Zeit oder Lust haben, Prof. Lesch zuzuhören, fasse ich hier zusammen:

 

Ausgangsfragen:

Befinden sich Galaxien im Gleichgewicht oder werden sie eines Tages verschwinden?

Was bestimmt die Stabilität bzw. Instabilität von Galaxien?

 

Als Grund für Entwicklungsprozesse im Universum benennt Lesch Ungleichgewichte, die diese auf Ausgleich strebenden Prozesse hervorrufen. Astrophysiker beschäftigen sich daher mit den wichtigsten Bausteinen des Universums, den Galaxien, und fragen:

Sind Galaxien stabil, also in Gleichgewichtssituationen? Werden sie sich irgendwohin entwickeln, dass sie vielleicht eines Tages komplett verschwunden sind?

Und wenn das so ist, was bestimmt die Stabilität oder Instabilität von Galaxien?

Als Beispiel nimmt Lesch die „schöne, ordentliche und große" Spiralgalaxie M51, die mit einem kleinen Begleiter, eine hellen Wolke, die M51 zu umkreisen scheint, zusammenhängt.

Lesch definiert eine Galaxie als ein „kollabiertes Gebilde" (Urknallerläuterungen folgen).

Urgalaxien seien Vorläufer der heutigen Galaxien gewesen und was bis heute passiert sei, hänge wesentlich von dem Verhältnis zwischen Gravitation und Druck ab!

Man kann daher eine lokale Instabilitätsbedingung in einer galaktischen Scheibe formulieren. Galaktische Scheiben sind rotierende Scheiben, wo die Geschwindigkeiten der einzelnen Teilchen relativ gering sind.

Im weiteren Ablauf unterscheidet Lesch von diesen Scheibengalaxien die elliptischen Galaxien, die sich kaum drehen, bei denen aber die Geschwindigkeiten der einzelnen Teile groß sind.

Die Dicke der axialsymmetrischen Scheibengalaxien sei durch die Temperatur des Gases in der Scheibe gegeben, innerhalb deren man differentielle Rotation hat, d.h. im Inneren ist die Geschwindigkeit der Rotation anders als außen. In dieser Scheibe kann man nun untersuchen, wo die lokale Bedingung für einen Kollaps erfüllt ist! Kollaps heißt, dass das Gas unter seinem eigenen Gewicht zusammenfällt. Wenn die Scheibe sehr dick sein und hohe Temperatur und Druck - also hohe Bewegungsenergie - habe, dann könne sie nicht instabil werden und lokal nicht „klumpen".

Doch Galaxien sind nicht stabil, weil die Gravitation, sobald nur ein bisschen Energie aus dem System heraus geführt ist, Instabilität bewirkt. Gas gibt Energie durch Strahlung ab, die Temperatur sinkt und der Druck wird zu gering um der lokalen Gravitation Paroli bieten zu können. Das ist die Bedingung für lokale, axialsymmetrische Instabilitäten in der Scheibe.

Bei einer differentiell rotierenden Scheibe, die unterschiedliche Rotationsgeschwindigkeiten besitzt, reiben sich die Gebiete innerhalb der Scheibe. Zusätzlich zu den Klumpen entstehen nun noch die großen Spiralarme, die nichts anderes als Wellen sind. In den Wellen ist die Gasdichte höher, weshalb dort die Bedingung für die axialsymmetrische Instabilität schneller erfüllt werde. In den Spiralarmen seien diese Klumpen die Sternenentstehungsgebiete.

Galaxien sind Drehimpulstransportmaschinen, vor allem Spiralgalaxien, meint Lesch, und auf keinen Fall stabil. Der Drehimpuls müsse raus, werde nach außen transportiert durch Wechselwirkung der Klumpen und Veränderungen der Spiralarme. Dann könne die Galaxie langsam schrumpfen. Nähere Erläuterungen folgen, wobei er die seiner Meinung nach „rein gravitative Wechselwirkung" dabei betont! Er beschreibt den Prozess der „dynamischen Reibung" zwischen Massen, die sich gegenseitig abbremsen, zur Massekonzentration und diese wiederum zur Verstärkung der Schwerkraft führen als weiteren Instabilitätsprozess.

Galaxien können sich dann gegenseitig sehr intensiv beeinflussen und in Galaxienhaufen können z.B. an einander vorbei ziehende Spiralgalaxien wechselwirken und sich durch Gezeitenreibung (unterschiedliche Gravitationspotenziale) Gas entziehen.

Natürlich vergisst er auch nicht die „Dunkle Materie", da man von den Instabilitäten der leuchtenden Materie auf die räumliche Ausdehnung und Masse derselben schließen könne.

Ufff!

 

P.S.: Lesch hat die Ausgangsfragen nicht 100% beantwortet, da er zwar das langsame Schrumpfen erwähnt hat, sich jedoch nicht zum Verschwinden der Galaxien äußert - entsprechende Passagen sind vielleicht der Schere zum Opfer gefallen.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 16.01.2013 10:05.

Hannes

65, Männlich

Beiträge: 782

Re: Notwendigkeit der dunklen Materie

von Hannes am 16.01.2013 09:59

Zur von Lesch nicht beantworteten Frage nach dem Verschwinden der Galaxien äußerte sich zufällig eine Frau Astrid Kessler im populärwissenschaftlichen Magazin „Welt der Wunder", 1/2013, S. 50-53 unter Einbeziehung neuerer Erkenntnisse im standardkosmologischen Sinne.

Aus dem Artikel geht hervor, dass das Standardmodell neben dem Problem der 96% „dunkler" Materie und Energie noch zusätzlich das Problem hat, dass von den restlichen 4% bisher nur 10% an „hellem" Sicht- und Greifbarem (also nur 0,4% des Gesamtbetrages) im All gefunden worden sind. Das Standard- bzw. Urknallmodell verlangt also 250x mehr als bisher bekannt ist.

Als Fakt wird im Artikel bezeichnet, dass Material in „gewaltigen eruptiven Stürmen" aus der Galaxie in den Raum hinaus fegt, wobei in Millionen Jahren selbst Galaxien komplett leer gefegt werden können. Ursache der „Stürme" seien junge, explodierende massereiche Sterne, die sich dadurch selbst des „Baumaterials" beraubten und die Entstehung weiterer neuer Sterne behinderten.

Frau Kessler behauptet dann sogar, dass Energiejets aus schwarzen Löchern in Galaxiezentren das Gas sogar „mit vielfacher Lichtgeschwindigkeit" nach außen, d.h. in den interstellaren Raum, schleuderten. Letzterer wiederum, für den sich die Astronomen bisher kaum interessierten, soll die Lösung des Rätsels bergen.

Das WHIM, d.h. das warm-heiße intergalaktische Medium, soll dort einerseits heiß genug sein, um Gas zu ionisieren und Ladungen tragen zu lassen und andererseits zu kühl, um Röntgenstrahlungen freizugeben. Besonders im Visier der Forscher steht die Sculptur-Wand mit Tausenden Galaxien, die 400 Millionen Jahre entfernt sein soll.

Zum Ende kommt die Autorin zu dem Schluss, dass die „benötigten" zusätzlichen Materiemengen, d.h. zusätzliche Riesengalaxien oder 500 Mrd. Galaxien, nicht existierten, sondern stattdessen ungeheuere Materiemengen mittels gewaltiger Gasstürme ausgestauscht, recycelt und zerfetzt werden. Bemerkenswert ist auch ihre Schlussfolgerung, dass Galaxien nur die sichtbare Spitze eines Eisberges sind, der in einem viel größeren Ozean aus Materie treibt.

Der Begriff Plasma wird in diesem Artikel konsequent vermieden, obwohl sogar von ionisiertem Gas einmal die Rede ist. Auch über notwendigerweise daraus resultierende elektrische Kräfte und Wirkungen vermerkt die Autorin nichts.

Immerhin scheinen aber auch die Standardkosmologen langsam zu begreifen, dass Galaxien keine isolierten Sterneninseln sind, was in Kesslers Beitrag deutlich sichtbar wird.

Ich habe in meinen letzten Beiträgen den Unterschied zwischen wirklichen Beobachtungen und Interpretationen nicht richtig deutlich gemacht, das können wir vielleicht noch einmal am Ende tun, wenn alle Deine Fragen von mir o.a. adressiert wurden, Oli!

Antworten Zuletzt bearbeitet am 16.01.2013 10:12.

Der_Gallier
Gelöschter Benutzer

Re: Notwendigkeit der dunklen Materie

von Der_Gallier am 16.01.2013 14:09

Hallo,

ich habe hier etwas interessantes zum Thema im Netzt gefunden.... mehr oder weniger...

Es werden mal wieder "Beobachtungen" gemacht und in einer art interpretiert, das einem schwindelig wird... aber macht euch bitte selbst ein Bild:

Haben Astronomen eine "Dunkle Kraft" im Universum entdeckt?

Grüße, Michel

Antworten
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