Logische Fehler in der wissenschaftlichen Argumentation, insbesondere in der Kosmologie

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Raphael
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Beiträge: 243

Re: Logische Fehler in der wissenschaftlichen Argumentation, insbesondere in der Kosmologie

von Raphael am 03.02.2012 21:32

Erst einmal willkommen Martin.

Denn die Aufteilung Gegenstand – Konzept setzt voraus, dass wir einen Gegenstand auch ohne Konzept haben.

Was bedeutet das: "wir haben einen Gegenstand"? Bedeutet es: Ein Gegenstand existiert? Dann stimmt es nicht, denn die Voraussetzungen für Existenz sind Form und Lokation. Mit Konzepten hat das nichts zu tun. Du hast recht, daß wir in unserer geistigen Welt Konzepte benutzen, um Objekte in Beziehung zueinander zu setzen. Aber die Grundannahme des Materialisten ist, daß Objekte völlig unabhängig vom Menschen existieren. Ich bin Materialist.

Wir können nur mittels Konzepte von dem sprechen, was davor sich geht, wir haben nur Modelle.

Ein Modell ist für mich eine dreidimensionale Repräsentation eines oder mehrerer Objekte. Das bedeutet, daß ein Modell keinesfalls ein Konzept ist. Ein Modell gibt die Form eines Objekts wieder. Ein Konzept ist hingegen das, was keine Form hat.

Wir können uns als Beobachter nie ganz aus der beobachtenden Wirklichkeit heraus stehlen.

Müssen wir auch nicht. Wir sind einfach anwesende Objekte, deren physische Interaktion berücksichtigt werden muß. (Nicht jedoch die angebliche "Bewußtseinsinteraktion", die von der Esoterik und Quantenmechanik behauptet wird. Das ist Blödsinn.)

Unsere Sprache, mit der wir Gegenstände benennen, ist bereits ein Konzept.

Worte sind Konzepte, gehören zur geistigen Welt des Menschen. Gegenstände sind Objekte, gehören zur natürlichen Welt.

Form und Lokation ist schwierig bei einer Welle. Wenn zum Beispiel Licht eine Welle ist, dann kann man es schwer als Gegenstand ansehen, also ist es ein Konzept. Trotzdem kann man Licht bestimmte Eigenschaften (Wellenlänge, Energie, ...) zuordnen.

Ich stimme Dir und Anatol insofern zu, als Licht tatsächlich ein Konzept ist. ABER: Es gibt abstrakte und dynamische Konzepte. Erstere haben in der Physik nichts zu suchen (Beispiel: Energie). Letztere sind Bewegungen von Objekten (Beispiel: Lawine, Regen, Welle). Licht ist ein dynamisches Konzept, d.h. es ist die Bewegung von (bislang nicht identifizierten) Objekten (in ein paar Tagen kommt dazu ein Video unter dem Titel "Einstein & Äther").

Antworten Zuletzt bearbeitet am 03.02.2012 21:35.

Anatol
Gelöschter Benutzer

Re: Logische Fehler in der wissenschaftlichen Argumentation, insbesondere in der Kosmologie

von Anatol am 03.02.2012 18:54

Wenn zum Beispiel Licht eine Welle ist, dann kann man es schwer als Gegenstand ansehen, also ist es ein Konzept. Trotzdem kann man Licht bestimmte Eigenschaften (Wellenlänge, Energie, ...) zuordnen.

Licht ist für mich ein reines Konzept, das auf keinen Fall verdinglicht werden darf. In der Realität gibt es nur unterschiedlich stark leuchtende Objekte, aber kein Licht weit und breit. Wellenlänge und Energie sind auch nur mathematische Konzepte, die zwar das Konzept Licht näher definieren, aber es nicht in die Realität überführen. Mit Licht als Welle konnte man anscheinend nur etwas in der Realität besser beschreiben.

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61-martin
Gelöschter Benutzer

Re: Logische Fehler in der wissenschaftlichen Argumentation, insbesondere in der Kosmologie

von 61-martin am 03.02.2012 17:30

Ich stimme grundsätzlich mit der Kritik überein, vom Universum als einen Gegenstand zu reden. Doch ganz so einfach ist das nicht.

Denn die Aufteilung Gegenstand – Konzept setzt voraus, dass wir einen Gegenstand auch ohne Konzept haben. Das ist aber ein Irrtum. In der Teilchenphysik kommt dies zum Tragen: Wir können nur mittels Konzepte von dem sprechen, was davor sich geht, wir haben nur Modelle. Ob die Quantenphysik ein gutes oder schlechtes Konzept ist, ist da zweitrangig.

Wir können uns als Beobachter nie ganz aus der beobachtenden Wirklichkeit heraus stehlen. Unsere Sprache, mit der wir Gegenstände benennen, ist bereits ein Konzept.

Heisenberg hat in seiner „Ordnung der Wirklichkeit" die Dinge genau danach geordnet: Von der klassischen Physik her, wo man den Beobachter vernachlässigen kann bis zu Kunst und Religion. Die Quantenphysik spielt in diesem Aufsatz eine entscheidende Rolle.

Form und Lokation ist schwierig bei einer Welle. Wenn zum Beispiel Licht eine Welle ist, dann kann man es schwer als Gegenstand ansehen, also ist es ein Konzept. Trotzdem kann man Licht bestimmte Eigenschaften (Wellenlänge, Energie, ...) zuordnen.

Natürlich ist es eine Frage, ob Licht eine Welle ist. Aber noch kenne ich kein überzeugendes Konzept / Modell, das es anders macht.

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Raphael
Administrator

44, Männlich

Beiträge: 243

Re: Logische Fehler in der wissenschaftlichen Argumentation, insbesondere in der Kosmologie

von Raphael am 15.01.2012 09:03

Sehr gut. Und dem Ganzen wird die Krone dadurch aufgesetzt, daß das Wort "Universum" überhaupt kein Objekt bezeichnet, sondern ein Konzept. Also ist nicht nur die Frage, ob ein existierendes Objekt existieren kann, hier eine "religiös-philosophisch-spinnerte" Frage, die Fehleinschätzung, Universum sei ein existierendes Objekt, gibt der Frage noch mal eine zusätzliche Dimension der Absurdität.

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JayEl
Gelöschter Benutzer

Logische Fehler in der wissenschaftlichen Argumentation, insbesondere in der Kosmologie

von JayEl am 13.01.2012 19:46

Ich möchte Raffaels Kritik an dem Satz, "Das Universum entstand aus dem Potenzia,l zu existieren.", ergänzen. Leider trifft man in verschiedenen Wissenschaften - aber auch im Alltag - immer wieder auf logisch falsche Erklärungen. Diese könnte man alle hier diskutieren.

Aussage:

Das Universum entstand aus dem Potenzial, zu existieren.

Die Aussage hat den Anspruch, zu erklären, wieso das Universum existiert.

Als Grund für die Existenz des Universums wird angeführt, dass es 1. die Möglichkeit zu seiner Existenz gab, die sich 2. als heute existierendes Universum äußert.

1. a) Die Möglichkeit der Existenz eines Objekts kann niemals der Grund für seine Existenz sein. Denn es bleibt damit ja ganz und gar unbestimmt, wieso aus der Möglichkeit Wirklichkeit wurde.

b) Besonders absurd ist diese Argumentationsform bezogen auf das Universum - also dem Sammelbegriff für alles Existente. Denn dann wird ja gesagt: Dass alles existiert, liegt daran, dass es die Möglichkeit gab/gibt, dass alles existieren kann. Bestenfalls eiine völlig inahaltsleere Aussage.

2.
Die Aussage völlig ernst genommen, wird hier das Universum als Äußerung einer Kraft dargestellt. Diese Kraft ("Potenzial, zu existieren") hat keinen anderen Inhalt als den zu erklärenden Gegenstand, das existente Universum, zu erschaffen. Woran sieht man, dass es diese Kraft geben muss? An ihrer Äußerung, dem existierenden Universum. Wieso gibt es das Universtum? Wegen der Kraft. Eine astreine Tautologie.

Hegel ist diese Art der Argumentation übel aufgestoßen, er bemerkt dazu in der "Enzyklopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse" unter §136, folgendes:
Man pflegt zu sagen, daß die Natur der Kraft selbst unbekannt sei und nur ihre Äußerung erkannt werde. Einesteils ist die ganze Inhaltsbestimmung der Kraft ebendieselbe als die der Äußerung; die Erklärung einer Erscheinung aus einer Kraft ist deswegen eine leere Tautologie. Was unbekannt bleiben soll, ist also in der Tat nichts als die leere Form der Reflexion-in-sich, wodurch allein die Kraft von der Äußerung unterschieden ist, - eine Form, die ebenso etwas Wohlbekanntes ist. Diese Form tut zum Inhalte und zum Gesetze, welche nur aus der Erscheinung allein erkannt werden sollen, im geringsten nichts hinzu. Auch wird überall versichert, es solle damit über die Kraft nichts behauptet werden; es ist also nicht abzusehen, warum die Form von Kraft in die Wissenschaften eingeführt worden ist. - Andernteils ist aber die Natur der Kraft allerdings ein Unbekanntes, weil sowohl die Notwendigkeit des Zusammenhangs ihres Inhalts in sich selbst als [auch] desselben, insofern er für sich beschränkt ist und daher seine Bestimmtheit vermittels eines Anderen außer ihm hat, noch mangelt.


Es zeigt sich an den Argumentationsformen, wie lächerlich der Beweiszweck ist. Statt das konkret existierende erklären zu wollen, statt, erklären zu wollen, welche Bedingungen gegeben sein müssen und mussten, um die existierenden Objekte hervorzubringen, wird die Existenz als solche inhaltsleer in Frage gestellt: Kann eigentlich das existieren, was existiert? Ja, weil es die Möglichkeit dazu gab, existieren zu können. Eine religiös-philosophisch-spinnerte Frage mit entsprechender Antwort.


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