Grenzen und Grundlegendes der Naturwissenschaft

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Bambi

39, Männlich

Beiträge: 320

Grenzen und Grundlegendes der Naturwissenschaft

von Bambi am 02.09.2013 15:29

Ich habe nun einige Beiträge des Forenbereichs Physikkritik gelesen und viele überflogen. Bei vielen Ideen und Beiträgen scheint es mir, als wäre den Schreibern nicht so ganz klar was Naturwissenschaft überhaupt zu leisten im Stande ist und was nicht. Es werden in meinen Augen gern philosophische Überlegungen mit physikalischen vermischt.

 

Daher möchte ich ein wenig zum Bereich der Naturwissenschaft sagen.

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Sinn und Zweck der Naturwissenschaften

In der Naturwissenschaft geht es darum möglichst gute Modelle zur Erklärung der Realität zu entwickeln, um mit diesen Prozesse zu verstehen und Vorhersagen treffen zu können und so schlussendlich Nutzen daraus zu ziehen (neue Technik etc.). Der Nutzen ist dabei sehr breit gefächert und geht von technischen Geräten bis zur Erklärung und Entmystifizierung von Phänomenen (wie z.B. Blitzen).

Ansprüche an naturwissenschaftliche Theorien

Jede Naturwissenschaftliche Theorie muss, um anerkannt zu werden, falsifizierbar sein. Sie muss also überprüfbare Vorhersagen machen und dazu ist es fast unumgänglich, dass die Theorie quantitative Vorhersagen trifft. Außerdem muss eine neue Theorie mindestens so leistungsfähig sein wie die bisher verwendete Theorie. Das bedeutet sie muss alles erklären was die bisherige Theorie erklärt und darf dabei nicht komplizierter sein. Außerdem sollte sie mathematisch konsistent sein, also keine mathematischen Widersprüche innerhalb der Theorie haben.

Grundsätzliche Grenzen der Naturwissenschaft

Die Naturwissenschaften können sich nur auf unser Universum beziehen. Sie können also grundsätzlich keine Aussagen darüber treffen was davor war, was außerhalb ist usw. Ebenfalls hat der Begriff Wahrheit in der Naturwissenschaft nichts verloren, die Naturwissenschaft kann nur sagen wie etwas nicht ist (Stichpunkt Falsifizierbarkeit), nicht jedoch wie etwas ist. Insbesondere kann eine naturwissenschaftliche Theorie nicht verifiziert werden!

Bedeutung der Grundsätzlichen Grenzen der Naturwissenschaft

Für eine naturwissenschaftliche Theorie ist es völlig ohne Bedeutung ob ihre Annahmen der Realität entsprechen, denn wie gesagt kann sie eh nicht verifiziert werden. Außerdem muss eine Theorie auch nicht der "menschlichen" Logik folgen und muss auch nicht mit dem menschlichem Verstand zu verstehen sein.

Interpretation einer Naturwissenschaftlichen Theorie

Eine naturwissenschaftliche Theorie kann auf unterschiedliche Weise interpretiert und betrachtet werden, ohne dass dies aus naturwissenschaftlicher Sicht eine Bedeutung hat. Solange die Interpretationen mit der Theorie im Einklang stehen sind alle Interpretationsmöglichkeiten aus wissenschaftlicher Sicht gleichwertig. Es ist nur für den Menschen, sein Weltbild und Verständnis relevant, wie er etwas interpretiert. Die Interpretation ist, wie der Begriff schon sagt, etwas rein subjektives und somit für die naturwissenschaft grundätzlich nicht relevant.

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Persönliche Anmerkung

Leider werden die Naturwissenschaftlichen Theorien, auch von Wissenschaftlern, häufig über deren wissenschaftliche Belastbarkeit hinaus ausgelegt ohne dabei zu sagen, dass es sich um reine Spekulationen handelt die durch die Naturwissenschaft nicht gestützt werden. Beispielsweise hatte ich mal eine Dokumentation gesehen in der ein paar theoretische Physiker Überlegungen und Rechnungen für die Zeit vor dem Urknall angestellt haben. Dabei wurde in der Doku leider nicht erwähnt, dass es völlig unwissenschaftlich ist, was die Physiker in der Doku getrieben haben. Das ist leider ein Aspekt der von vielen Wissenschaftlern, insbesondere in den Medien, nicht beachtet wird. Möglicher Weise wissen es einige Wissenschaftler auch nicht besser, da in einem Naturwissenschaftlichem Studium (zumindest in meinem Physikstudium), nicht explizit gelehrt wird wie und was Naturwissenschaft ist und wo die Grenzen dieser liegen.

Ein Argument wie Dieses oder jenes einer Theorie ist nicht logisch, daher kann die Theorie nicht stimmen ist ein philosophisches Argument und kein Naturwissenschaftliches, denn eine naturwissenschaftliche Theorie muss wie gesagt nicht der menschlichen Logik sondern lediglich der mathematischen Logik genügen.

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Das ist mir soweit erst einmal zu der Thematik eingefallen. falls mir noch etwas einfällt oder andere noch Ergänzungs- oder Änderungsvorschläge haben, werde ich diese in den ersten Post einarbeiten und die Änderungen durch einen neuen Post hervorheben.

Grüße Bambi

Antworten Zuletzt bearbeitet am 03.09.2013 00:04.

Norman
Gelöschter Benutzer

Re: Grenzen und Grundlegendes der Naturwissenschaft

von Norman am 02.09.2013 19:01

Die Idee für diesen Beitrag ist an sich gut. Jedoch sollte man auch bedenken, dass die meisten, welche hier im Forum schreiben nicht die nötige Zeit und auch nicht die technischen und finanziellen Mittel haben ihre Theorie so zu vervollständigen, dass sie aus naturwissenschaftlicher Sicht korrekt sind. Somit sind fast alle Beiträge mehr persönliche Theorien, welche kaum akademische Ansprüche gerecht werden.

Das bedeutet sie muss alles erklären was die bisherige Theorie erklärt und darf dabei nicht komplizierter sein.

Beziehst du dich hierbei auf die Komplexität? Einsteins Relativitätstheorie war auch um einiges komplexer aus Newtons Gravitationsgesetzt. Würde nach deinen Maßstäben seine Theorie den Ansprüchen der Naturwissenschaft gerecht werden?

Die Naturwissenschaften können sich nur auf unser Universum beziehen. Sie können also grundsätzlich keine Aussagen darüber treffen was davor war, was außerhalb ist usw.

Schon wieder sehe ich, wie unterschiedlich wir Begriffe definieren. Hier die Definition vom "Universum" aus einem Wörterbuch „Weltall♦ lat. universum „das Ganze, Gesamte, Weltall“, eigtl. „das in eins Gewendete, in eins Zusammengefasste“, aus lat. unum „eines“ und lat. versus „gewendet“, zu lat. vertere „wenden““ Wenn ich mich auf die Gesamtheit aller Dinge beziehe, so kann nichts davon außerhalb sein. Dies ist nur möglich, wenn ich einen Teil von etwas beschreibe und mich dann auf etwas beziehe, was außerhalb des von mir definierten Teils liegt. Jedoch einen bestimmten Teil als Universum zu bezeichnen ist meiner Ansicht nach falsch.

Außerdem muss eine Theorie auch nicht der "menschlichen" Logik folgen, muss also nicht mit dem menschlichem Verstand zu verstehen sein.

Welcher Mensch kann eine Theorie aufstellen, welche nicht mit dem menschlichen Verstand zu verstehen ist? Die Logik muss nicht zwangsläufig richtig sein, oftmals erweist sie sich als falsch, jedoch wenn etwas nicht der Logik entspricht, dann ist in ihr ein Widerspruch oder uns fehlen wichtige Informationen für ihr Verständnis. Somit sollte meiner Ansicht nach keine Theorie wissenschaftlich anerkannt werden, welche nicht der Logik entspricht.

denn eine naturwissenschaftliche Theorie muss wie gesagt nicht der menschlichen Logik sondern lediglich der mathematischen Logik genügen.

Die Mathematik hat sich über die Jahrtausende immer weiter entwickelt, und auch unsere heutige Mathematik ist nicht der Weisheit letzter Schluss. (Die Geschichte der Mathematik wäre sicherlich auch mal ein interessantes Thema für das Forum.) Eine wissenschaftliche Theorie sollte mathematisch beschreibbar sein, jedoch ist dieses Kriterium alleine nicht ausreichend. Beispiel:

„Herr Meier hat einen Baum an dem 3 Äpfel hängen. Er pflügt 5 Äpfel von diesem Baum. Da (3 - 5 = -2) ergibt, hängen nun minus zwei Äpfel am Baum.“

Mathematisch ist die Aussage korrekt, jedoch bezweifele ich, dass man diese Aussage wissenschaftlich anerkennen sollte.

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Bambi

39, Männlich

Beiträge: 320

Re: Grenzen und Grundlegendes der Naturwissenschaft

von Bambi am 02.09.2013 21:01

doch sollte man auch bedenken, dass die meisten, welche hier im Forum schreiben nicht die nötige Zeit und auch nicht die technischen und finanziellen Mittel haben ihre Theorie so zu vervollständigen, dass sie aus naturwissenschaftlicher Sicht korrekt sind. Somit sind fast alle Beiträge mehr persönliche Theorien, welche kaum akademische Ansprüche gerecht werden.

Da hast du natürlich Recht und das erwarte ich bei den Theorien hier auch gar nicht. Dieser Thread soll dazu dienen zu (er)klären welche Ansprüche die Naturwissenschaft hat was sie zu leisten vermag.

 

Beziehst du dich hierbei auf die Komplexität? Einsteins Relativitätstheorie war auch um einiges komplexer aus Newtons Gravitationsgesetzt. Würde nach deinen Maßstäben seine Theorie den Ansprüchen der Naturwissenschaft gerecht werden?

Nun erklärt eine Theorie mehr als die vorherige, so wie es bei der Relativitätstheorie der Fall ist, darf sie natürlich komplexer sein.

OK das mit dem Universum war mal wieder zu unpräzise formuliert. Aus Wikipedia: Das Wort Universum bezeichnet in der Physik die zu einem gegebenen Zeitpunkt vorgefundene Anordnung aller nach physikalischen Gesetzmäßigkeiten organisierten Materie und Energie, angefangen bei den elementaren Teilchen bis hin zu den großräumigen Strukturen wie Galaxien und Galaxienhaufen.

Habe den Begriff Universum im Beitrag entsprechend verlinkt.

 

Thema Logik

Es gibt ganz verschiedene Formen von Logik, daher mache ich die Unterscheidung zwischen der mathematischen und der menschlichen Logik.

Mit "menschlicher Logik" meine ich das was die Menschen als logisch betrachten. Das wird im Allgemeinen nicht die mathematische Logik sein und jeder Mensch hat wohl eine etwas eigene Logik.

Anders formuliert, die einzige Logik der eine Naturwissenschaftliche Theorie genügen muss ist die mathematische Logik.

Mit dem verstehen ist das so eine Sache. Ist halt die Frage wann man sagt dass ein Mensch etwas verstanden hat. Kann ein Mensch etwas verstehen das er sich nicht vorstellen kann und das für ihn nicht logisch ist? In jedem Fall kann sich jemand eine Theorie ausdenken ohne diese zu verstehen. Im Extremfall könnte man sich einfach einen mathematischen Formalismus zur Beschreibung der Natur ausdenken, völlig ohne physikalische Überlegungen.

Wenn eine Theorie der mathematischen Logik genügt heißt es natürlich nicht, dass alle Dinge die man in dieser Theorie ausrechnen kann auch physikalisch eine Bedeutung haben.

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Norman
Gelöschter Benutzer

Re: Grenzen und Grundlegendes der Naturwissenschaft

von Norman am 02.09.2013 22:58

Hallo Bambi,

Logik ist ein Wort, welches mir persönlich auch nicht so gefällt, da die ursprüngliche Interpretation und die Gedankenspielereien mit den irrsinnigen z.B. Mensch gleich Huhn vergleichen Kausalitätszusammenhänge schuf, welche nicht existieren.

Wenn ich deinen Text richtig interpretiere, dann wolltest du sagen, dass eine Theorie einen kausalen Zusammenhang beschreiben kann wo ein Bindeglied in der Kausalitätskette fehlt. Beispiel: wir können den Zusammenhang von Gravitation und Materie nachweisen, jedoch wieso Materie über eine Ruhemasse verfügt, ist nicht zweifelsfrei geklärt.

Vielleicht ist der menschliche Verstand auch nicht in der Lage die Gravitation zu verstehen, dennoch sind wir in der Lage die Gravitation mathematisch zu beschreiben.“ Könnte dieser Satz auf deine Kernaussage zutreffen?

Ich nehme als weiterführendes Beispiel Einsteins „Zeitdilatation“. Einstein war auch einst ein Hobbyphysiker und in einen Gedankenexperiment kam er auf ein Prinzip, welches zu dem damaligen Kenntnisstand absurd war. Wenn ich richtig informiert bin, dann wurde seine Spezielle Relativitätstheorie von der Mehrheit in der Fachwelt abgelehnt.

Einstein hatte Glück, dass er dennoch einige Fürspreche fand, unter anderen Max Plank. (Ich bin jetzt kein Experte in den beiden Biografien, sollte ich falsch informiert sein, so seht es mir nach, bzw. bessert mich nach.) Max Plank lehnte seine eigene Theorie vorerst ab, ich vermute, dass er und Einstein nach dem Prinzip vorgingen, tun wir mal so als ob und schauen was wir für Resultate erhalten. Heute gibt es viele Experimente, welche zeigten, dass Einstein und Plank mit vielen richtig lagen.

Damit Einsteins Theorie von der Wissenschaft anerkannt werden konnte, musste er sie über-/ausarbeiten. Und hier sehe ich ein Problem. Einstein hatte ein paar Prinzipen in der Natur entdeckt, jedoch kannte er nicht die Ursache. Einstein brauchte eine Erklärung, welche die Fachwelt befriedigen würde. Das Ergebnis ist die Allgemeine Relativitätstheorie.

Ich will jetzt hier nicht das Thema zu sehr vertiefen, und nicht weiter auf den Inhalt seiner Theorie eingehen. Doch halte ich die Relativitätstheorie weder für fehlerfrei noch für vollständig.

Einer der wichtigsten Physiker zur 19. Jahrhundertwende ist für mich Nikola Tesla. Doch wenn man sich mit seinen Arbeiten beschäftigt, wird man auch sehen, dass er zum Teil mit seinen Theorien danebenlag. Auch Einstein war ein Mensch aus Fleisch und Blut, und auch er war nicht frei von Fehlern, doch wurde um Einstein ein Mythos geschaffen, so dass viele nicht wagen seine Thesen anzuzweifeln. In der Kritik steht für mich der Mythos, nicht die Person Einstein. Ich denke, in spätestens hundert Jahren wird die Relativitätstheorie überholt sein, genauso wie heute Newton Gravitationsgesetzt. Nicht weil sie im Ansatz falsch war, sondern weil neue Erkenntnisse unser Weltbild stetig erweitern.

Einsteins Theorie hat inzwischen schon fast ein Jahrhundert auf dem Buckel, und ich finde die Fragen gerechtfertigt, welche wissen möchten, was ist noch an seiner Theorie aktuell.

Zur Sprache: die Sprache ist auch variabel, Vera F. Birkenbihl sagte mal auf einen Seminar, dass man ein gutes Wörterbuch daran erkennt, dass es von Auflage zu Auflage seine Definitionen überarbeitet. Die Bedeutung eines Wortes ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich, da jeder Mensch andere Erfahrungen in seinen Leben macht. Doch vor allen ändern sich viele Wortbedeuten von einer Generation zur anderen.

Daher frage ich im Zweifelsfall lieber nach, welche Interpretation sich hinter dem Wort verbirgt für diese oder jene Person. Ein großes Problem unserer Zeit ist liegt darin, dass die meisten Glauben, dass ihr Gegenüber die gleichen Interpretationen benutzt wie man selbst. Ich wage zu behaupten, dass über 90 % aller Konflikte auf Fehlinterpretationen beruhen. Darüber lohnt es sich nachzudenken.

Einstein verwendet in seiner Theorie die Worte „Raum“ und „Zeit“. Wissen wir mit Sicherheit, dass Einstein die Worte genauso interpretierte wie wir es heute tun?

Wenn Einstein von der „Raumkrümmung“ sprach, meinte er es wörtlich oder war dies mehr eine Metapher:

„Die Bewegungsrichtung eines Objektes, welches durch die Gravitation im Raum beeinflusst wird, verhält sich ähnlich wie die Bewegungsrichtung einer Murmel, welche in einer gekrümmten Schale rollt.“

So in etwas könnte Einsteins Kernaussage über die Raumkrümmung sein. Zog Einstein nur einen Verglich mit der Krümmung oder ging er von einer tatsächlichen Krümmung aus, können wir dies heute noch mit Sicherheit sagen?

Ich gehe auch davon aus, dass sich selbst Phänomene wie die Zeitdilatation mit der Mechanik erklären lassen. Gleiches gilt auch für die Gravitation. (Die Begriffe „klassische“ Mechanik/Physik mag ich nicht sonderlich, da sie implizieren, dass sich die Mechanik/Physik verändert hat. Das hat sie nicht, sondern lediglich unser Wissen darüber hat sich verändert. Es gibt nichts was im Widerspruch zur Natur steht, es kann nur im Widerspruch zu dem stehen, was wir zu wissen glauben.)

Ich hoffe ich habe jetzt nicht zu viel über Einstein geschrieben, doch fand ich dieses Beispiel sehr passend.

Zum Abschluss möchte ich euch noch einen Insider-Tipp geben: Auf dieser Seite findet ihr eine digitale Version des Wörterbuches der Gebrüder Grimm. Ja, die haben nicht nur Märchen geschrieben. Was das Wörterbuch so interessant macht, ist die Möglichkeit die Wortbedeutungen nachzuschlagen und diese mit unserer heutigen abzugleichen. Hin und wieder findet man so die eine oder andere Überraschung. Das Wort Energie ist im diesem Wörterbuch z.B. noch nicht einmal enthalten.

http://dwb.uni-trier.de/de/

 

 

Antworten Zuletzt bearbeitet am 02.09.2013 23:12.

Bambi

39, Männlich

Beiträge: 320

Re: Grenzen und Grundlegendes der Naturwissenschaft

von Bambi am 03.09.2013 00:01

Wenn ich deinen Text richtig interpretiere, dann wolltest du sagen, dass eine Theorie einen kausalen Zusammenhang beschreiben kann wo ein Bindeglied in der Kausalitätskette fehlt. Beispiel: wir können den Zusammenhang von Gravitation und Materie nachweisen, jedoch wieso Materie über eine Ruhemasse verfügt, ist nicht zweifelsfrei geklärt.

Jeder Wissenschaftlichen Theorie geht von einem Bestimmten Standpunkt aus, nimmt also Dinge als gegeben an die sie selbst nicht erklären kann, somit werden immer die Grundsteine der Kausalitätskette fehlen. Das ist etwas das, wie im Eingangspost erklärt, Grundsätzlich eine Grenze der Naturwissenschaft ist. Entscheidend ist das kein Bindeglied in der Kette fehlt, sondern das(die) Anfangsglied(er).

 

„Vielleicht ist der menschliche Verstand auch nicht in der Lage die Gravitation zu verstehen, dennoch sind wir in der Lage die Gravitation mathematisch zu beschreiben." Könnte dieser Satz auf deine Kernaussage zutreffen?

Der Satz beschreibt/verdeutlich was ich damit meine, dass ein Mensch eine naturwissenschaftliche Theorie nicht verstehen muss. Das Verständnis einer Theorie ist kein notwendiges Kriterium für eine naturwissenschaftliche Theorie. Es ist eher etwas wie ein schöner Bonus  

 

Zu Einstein, da möchte ich nun nicht auf den geschichtlichen Teil, sondern nur auf den in meinen Augen entscheidenden, letzten Teil.

Einstein verwendet in seiner Theorie die Worte „Raum" und „Zeit". Wissen wir mit Sicherheit, dass Einstein die Worte genauso interpretierte wie wir es heute tun?

Bei der Zeit hat Einstein, als Physiker der physikalische Veröffentlichungen las und selbst veröffentlichte, die Definition der Lehrphysik verwendet. Soweit das ging, denn immerhin haben seine Theorien das physikalische Verständnis der Zeit radikal geändert.

 

Wenn Einstein von der „Raumkrümmung" sprach, meinte er es wörtlich oder war dies mehr eine Metapher:

 

„Die Bewegungsrichtung eines Objektes, welches durch die Gravitation im Raum beeinflusst wird, verhält sich ähnlich wie die Bewegungsrichtung einer Murmel, welche in einer gekrümmten Schale rollt."

So in etwas könnte Einsteins Kernaussage über die Raumkrümmung sein. Zog Einstein nur einen Verglich mit der Krümmung oder ging er von einer tatsächlichen Krümmung aus, können wir dies heute noch mit Sicherheit sagen?


Bei der Raumkrümmung ist es noch viel einfacher, da die Krümmung des Raumes eine Eigenschaft des Raumes ist, also schon mathematisch betrachtet. Das bedeutet für jeden der sich mit der ART beschäftigt ist es aus wissenschaftlicher Sicht egal was sich Einstein unter der Raumkrümmung vorgestellt hat, da diese in der Theorie mathematisch definiert ist.

 

Wie dir vielleicht schon aufgefallen ist war ich bei Begriffen hin und wieder zu unpräzise, da ich von der in der Physikerwelt allgemein gängigen Definition ausging. Die Physiker definieren schon alle Begriffe recht genau, um da Verständnisprobleme zu vermeiden. Hier im Forum sind die Definitionen jedoch teilweise abweichend, daher ist es hier halt recht wichtig zu definieren was man meint.

 

Im Übrigen, vielen Dank für deine ganzen Anregungen.

Mir ist beim lesen deines Beitrags auch noch ein Punkt eingefallen den ich wohl noch in den ersten Beitrag mit einbringen sollte und zwar die Interpretation einer Theorie. Eine naturwissenschaftliche Theorie kann auf unterschiedliche Weise interpretiert und betrachtet werden, ohne dass dies aus naturwissenschaftlicher Sicht eine Bedeutung hat. Solange die Interpretationen mit der Theorie im Einklang stehen sind alle Interpretationsmöglichkeiten aus wissenschaftlicher Sicht gleichwertig. Es ist nur für den Menschen, sein Weltbild und Verständnis relevant, wie er etwas interpretiert. Edit: Habe einen entsprechenden Absatz in den Eingangsbeitrag eingefügt

Grüße Bambi

Antworten Zuletzt bearbeitet am 03.09.2013 00:08.

Max
Gelöschter Benutzer

Re: Grenzen und Grundlegendes der Naturwissenschaft

von Max am 03.09.2013 19:07

Der Mathematiker Stefan Banach (und andere aber er ist der bekannteste) bewies vor ca. 100 Jahren den Satz von Banach-Tarski. Das heißt dieser Satz ist mathematisch Logisch und wahr. Kurz zusammengefasst sagt der Satz aus man kann eine Kugel in wenige Teile zerlegen, diese Teile dann bewegen drehen usw. und zu 2 Kugeln zusammensetzten die genauso groß sind wie die 1. . Eine genauere Erklärung findet sich z.B. auf Wikipedia.
Was ich damit sagen will, es gibt sehr wohl einen Unterschied zwischen der formalen/mathematischen Logik und der menschlichen Logik (die ich eher Intuition nennen würde).

Einstein eine Hobbyphysiker zu nennen ist doch etwas harsch, er hat immerhin ein komplettes Physikstudium an einer bedeutenen Universität durchlaufen.

Ich würde auch noch gern fragen: was heißt eigentlich das große Wort "verstehen" bei einer Theorie der Physik?
Heißt es das man sie benutzten kann und den mathematischen Formalismus beherrscht? Da hätten sehr viele Leute die Quantentheorie verstanden.
Oder heißt es das man die Theorie als so intuitiv ansieht das man selbst auch auf diese Idee gekommen wäre? Ich glaube dann hätte ich auch Newton nicht verstanden.
Oder,oder,oder. Ich würde gern eure Meinungen höhren

Ich kann mich jedoch zum großen Teil mit den Ideen die Bambi vorgestellt hat identifizieren.

Antworten

Bambi

39, Männlich

Beiträge: 320

Re: Grenzen und Grundlegendes der Naturwissenschaft

von Bambi am 03.09.2013 19:41

Danke für dein Feedback Max, das mit dem Begriff verstehen hatte ich mir auch schon überlegt, also dass es sehr schwammig ist, gut das du mich erneut darauf gebracht hast.

Ich würde auch noch gern fragen: was heißt eigentlich das große Wort "verstehen" bei einer Theorie der Physik?

 

Heißt es das man sie benutzten kann und den mathematischen Formalismus beherrscht? Da hätten sehr viele Leute die Quantentheorie verstanden.

Ich habe in Ermangelung eines besseren Wortes verstehen verwendet, falls euch ein passenderes Wort einfällt immer her damit. Ich werde mal versuchen zu erklären, was ich mir unter dem Verstehen einer Theorie vorstelle.

 

Was bedeutet es eine naturwissenschaftliche Theorie zu verstehen

Ob man eine Theorie versteht oder nicht hängt in meinen Augen nicht von dem Verständnis der mathematischen Formulierung ab, man kann eine Theorie sogar verstehen ohne die entsprechende Mathematik zu beherrschen, denn die Rechnungen kann im Zweifel auch ein PC durchführen, der die Theorie in jedem Fall nicht verstanden hat. Ein Mensch muss eine Theorie interpretieren, um sie zu verstehen. Die Zusammenhänge, Aussagen und Prozesse der Theorie also in ein für ihn logisches Konstrukt umwandeln. Das ist natürlich ein ganz individueller Schritt, da jeder Mensch etwas anderes als logisch empfindet. Wichtig ist natürlich, dass seine Interpretation in keinem Widerspruch zu den Aussagen der Theorie steht.

 

Grüße Bambi

Antworten Zuletzt bearbeitet am 03.09.2013 19:42.

Norman
Gelöschter Benutzer

Re: Grenzen und Grundlegendes der Naturwissenschaft

von Norman am 04.09.2013 00:08

 Hallo Max,

 

Einstein eine Hobbyphysiker zu nennen ist doch etwas harsch, er hat immerhin ein komplettes Physikstudium an einer bedeutenen Universität durchlaufen.

Ich schrieb in meinen letzten Beitrag: „Einstein war auch einst ein Hobbyphysiker…“

Hier bringst du ein sehr schönes Beispiel, wie unterschiedlich wir Worte definieren. Scheinbar ist der Begriff „Hobbyphysiker“ für dich negativ besetzt. Dieser Satz ist in keinster Weise abwertend gemeint. Ich zerlege das Wort zur Erklärung in seine zwei Hauptwörter.

Hobby: kommt ursprünglich aus dem Englischen und bedeutete in etwa „kleines/ oder Lieblings Pferd“. Im heutigen Sprachgebrauch nehmen wir das Wort für die Tätigkeiten/Interessen, für welche wir eine gewisse Leidenschaft aufbringen. Ich unterstelle Einstein mal eine gewisse Leidenschaft für die Physik.

Physiker: ist eine Berufsbezeichnung, welche eine gewisse Ausbildung voraussetzt. In der Regel ein Studium. Ich und viele andere hier im Forum sind keine Physiker, auch wenn wir die Physik als eines unserer Hobbys bezeichnen.

Was ich aussagen wollte, ist, dass zu dem Zeitpunkt als Einstein seine Spezielle Relativitätstheorie ausarbeitete, nicht als Physiker angestellt war, sondern er aus Leidenschaft heraus gehandelt hat. Dies ist nach meiner Definition positiv besetzt, da er aus Überzeugung arbeitete und nicht für Geld. Ob dies für seine späteren Arbeiten auch noch zutrifft vermag ich nicht zu sagen. Da ich Einstein nicht persönlich kannte ist sowieso alles was ich über ihn schreibe mehr oder weniger spekulativ.

„Amateur“ ist auch ein Wort, was ebenfalls oft fälschlicher weise negativ ausgelegt wird. Viele stellen sich unter einen Amateur einen Anfänger vor. Jedoch bezeichnet das Wort einen Liebhaber, und bedeutet, dass jemand etwas aus Leidenschaft macht und nicht für Geld. Amateur sagt nichts über die Qualifikation aus. Somit hätte ich oben auch schreiben können, Einstein war einst ein Amateur.

 

Ich würde auch noch gern fragen: was heißt eigentlich das große Wort "verstehen" bei einer Theorie der Physik?

Sehr interessante Frage.

Die Wortherkunft ist hier nicht eindeutig geklärt. Ich kann mir vorstellen, dass sich das Wort ursprünglich von dem Wort Standpunkt ableitete. Also der Punk auf den man Stand. Somit bezeichnete das Wort früher die Sachen, welche man als wahr erachtete, bzw. geteilte Ansichten. „Verstehen wir uns?“ „Das musst du doch verstehen!“ Wenn jemand also etwas nicht verstand, so hatte er eine andere Ansicht vom Sachverhalt. Sobald er den Sachverhalt verstand, akzeptierte er auch den Wahrheitsgehalt.

In der heutigen Zeit hat sich das Wort verändert, was sich unschwer an Aussagen erkennen lässt wie: „Ich habe dich verstanden, doch denke ich anders darüber.“

Ich unterscheide zwischen verstehen und auswendig lernen. Der eine hat einen Text von einer fremden Sprache auswendig gelernt ohne jedoch seinen Inhalt zu kennen. Der andere konnte sich die genaue Formulierung nicht merken, verstand aber worum es in den Text geht. Unser heutiges Bildungssystem legt sehr wenig Wert darauf, wie viel man von den Lehrstoff versteht, in erster Linie wird auswendig lernen belohnt. Was ich sehr bedauerlich finde. Ausnahme bildet da lediglich die Mathematik, dies liegt daran, dass man diese nicht auswendig lernen kann, entweder kann man rechnen oder man kann es nicht.

In Bezug auf eine Theorie, finde ich die Unterteilung zwischen „man hat sie verstanden oder eben nicht“ unpassend. Denn oft ist es so, dass man bestimmte Teile verstanden hat, aber nicht alle. Somit frage ich lieber, wir viel von der Theorie wurde verstanden. Denn dass jemand rein gar nichts von einer Theorie versteht, ist auch sehr selten.

Wenn jemand sagt, er habe die Theorie verstanden, dann glaubt er den größten Teil der Theorie nachvollziehen zu können. Wen er sagt, er habe sie nicht verstanden, dann fehlt in mindestens eine Information, um die Schlussfolgerung der Theorie nachvollziehen zu können.

Ich hoffe meine Ansichten konnten euch etwas inspirieren.

 

Zu Bambi

 

Wie dir vielleicht schon aufgefallen ist war ich bei Begriffen hin und wieder zu unpräzise, da ich von der in der Physikerwelt allgemein gängigen Definition ausging.

Das mit den Definitionen sollte kein Vorwurf sein, jeder Mensch ist mit seinen Formulierungen unpräzise. Ich schließe mich davon nicht aus. Ein Psychologe sagte mal sinngemäß (ich glaube es war Erikson doch es könnte auch Watzlawik gewesen sein): „Erst wenn mein Gesprächspartner mir antwortet, weiß ich, was ich zu ihm gesagt habe.“

In der Physik haben viele Worte eine andere Bedeutung als in der Alltagssprache, daher sind Missverständnis kaum zu vermeiden. Wenn man mit den Definitionen von der Physik vertraut ist, wird vieles verständlicher, doch man erliegt dadurch auch (nach meiner Ansicht) leichter der Betriebsblindheit. Was sehr deutlich bei den Begriff „Atom“ zu Tage tritt, wodurch in den aktuellen Theorien falsche Schlussfolgerungen ebenfalls unvermeidlich sind.

Antworten Zuletzt bearbeitet am 04.09.2013 00:11.

Max
Gelöschter Benutzer

Re: Grenzen und Grundlegendes der Naturwissenschaft

von Max am 04.09.2013 01:35

Du hast recht Hobbyxyz klingt für mich immer etwas negativ.
Ich denke da immer an einen 40 Jährigen Hobbyfußballspieler der sich 1 mal die Woche mit seinen 3 Freunden auf dem Bolzplatz trifft und ein paar Bälle kickt. Solche Leute mit Bundesligaprofis zu vergleichen ist fehl am Platze.
Und über Einstein kursieren ja immer mal wieder Geschichten das er eine 5 in Mathe hatte (und daher sehr schlecht darin war) usw. Daher wollte ich das nur klarstellen :) .

Aber ich würde gern Vorschlagen das wir uns in Zukunft in Diskussion zwischen uns Standarddefinition nutzten:
Atom ist nicht nach der Wortherkunft das Unteilbare, sonder die Teilchen die nach bestimmten Prinzipien aus Protonen, Neutronen und Elektronen aufgebaut sind
Universum ist nicht nach der Wortherkunft die Gesamtheit aller Dinge, sonder das von uns zurzeit teilweise Beobachtbare Raumkontinuum mit aller in diesem enthaltener Materien , also ein Synonym für Weltall.

usw.....

Damit Theorien wie z.B. Multiversen und andere nicht nur wegen der Benennung abgelehnt werden.

Antworten

Bambi

39, Männlich

Beiträge: 320

Re: Grenzen und Grundlegendes der Naturwissenschaft

von Bambi am 04.09.2013 17:28

In Bezug auf eine Theorie, finde ich die Unterteilung zwischen „man hat sie verstanden oder eben nicht" unpassend. Denn oft ist es so, dass man bestimmte Teile verstanden hat, aber nicht alle. Somit frage ich lieber, wir viel von der Theorie wurde verstanden. Denn dass jemand rein gar nichts von einer Theorie versteht, ist auch sehr selten.

 

Wenn jemand sagt, er habe die Theorie verstanden, dann glaubt er den größten Teil der Theorie nachvollziehen zu können. Wen er sagt, er habe sie nicht verstanden, dann fehlt in mindestens eine Information, um die Schlussfolgerung der Theorie nachvollziehen zu können.

Man muss (und ich denke das machen auch die wenigstens) eine Theorie nicht mit einer einheitlichen Interpretation verstehen. Verschiedene Teilaspekte einer Theorie kann man durch unterschiedliche Interpretationen verstehen und so kann es natürlich auch sein das man nur einige Teile einer Theorie versteht, da man für einige eine passende Interpretation gefunden hat und für andere nicht.

Etwas nachvollziehen bezieht sich in meinen Augen eigentlich immer auf die Handlungen, Meinungen oder Gedankengänge eines Menschen. Also ich würde z.B. nie sagen Ich kann nachvollziehen, dass ein Ball, der gegen die Wand geworfen wird, von dieser wieder abprallt., da würde ich verstehen verwenden. Im Gegensatz dazu passt im folgenden Satz nachvollziehen: Ich kann deine Erklärung, warum der Ball von der Wand abprallt, nachvollziehen.

@Max wie würdest du denn das Verstehen einer Theorie definieren?

Grüße Bambi

Antworten
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