Automatische Verhaltensmuster und konditionierte Reflexe/Das Unterbewusstsein

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andybfx
Gelöschter Benutzer

Re: Automatische Verhaltensmuster und konditionierte Reflexe/Das Unterbewusstsein

von andybfx am 05.03.2012 01:05

Moin Norman,

zu deiner Frage bezüglich der Nanotechnologie:

Ich habe das vor kurzem erst auf arte gesehen. Müsste eine BBC Dokumentation gewesen sein. Hier sonst auch eine echt gute Seite für Dokus. http://dokufarm.com/news.php

*Der jüngste Teil unseres Gehirns, das Großhirn, hat sich vor etwa 50 Millionen Jahren entwickelt, und ist beim Menschen am stärksten ausgeprägt. Dieser Teil des Gehirns macht vor allem unsere Persönlichkeit aus, hier werden Entscheidungen getroffen, Sprachen gelernt, und Konzepte konstruiert.

Ok. Grundsätzlich stimme ich hier zu jedoch ist es wohl er ein Zusammenspiel der einzelnen Regionen. Jedes diese drei Systeme hat eine gewisse Ausprägung und für die Persönlichkeitsbildung ist das Verhältnis Entscheidend. Es gibt ja auch Menschen die so gut wie keine Empathiefähigkeit haben und andere fangen sogar bei den kleinsten Sachen an zu weinen. Andere Denken sogar so einfach gestrickt, das hier das Stammhirn oft die beherrschende Kraft ist. Also ist es gerade wichtig zu wissen aus welcher Hirnregion eine Entscheidung gerade kommt, sonst ist es nicht möglich diese Bewusst zu überdenken. Beispiel. Weißt du das du durch eine Erhöhte Prägung des Limbischen System ausgestattet bist. Kannst Du bei rationalen Entscheidungen besser verstehen warum du ehe zu etwas tendierst.

Wenn wir eine neue Erfahrung im Leben machen, so wachsen in unserem Gehirn neue Nervenbahnen. Je öfters wir eine Erfahrung wiederholen, desto mehr wachsen diese Nervenbahnen aus.

Vom Grundsatz absolut richtig. Doch ist die Nervenbahn ja zwischen Zelle und Synapse und ich glaube du meinst die gesamte Einheit in diesem Zusammenhang. Doch tatsächlich muss das Hirn immer lernen die Schnittstellen an den Synapsen zu überbrücken. Vom Schwierigkeitsgrad kann man sich das etwa wie das überqueren einer Schlucht vorstellen. Zur Hilfe nur ein Seil. Doch man kann daraus eine Brücke machen.

Giacomo Rizzolatti entdeckte bei Tierversuchen mit Affen die sogenannten Spiegelneuronen. Diese sind mitunter dafür verantwortlich, dass wir Empathie empfinden.

Ich glaube eher das diese ausschließlich für die Spieglung unserer Umwelt und zum adaptieren dieser dienlich sind. Die Gefühle entstehen wohl eher in anderen Hirnregionen.

Desweiteren will ich dazu ergänzen, dass gerade dieses den Unterschied zwischen dem Rest der Tierwelt und uns ausmacht. Zumindest trägt die enorm starke Ausprägung beim Menschen zu einem enormen Wissensvorteil. Einfaches Beispiel. Nach der Erfindung der Glühbirne brauche alle anderen nur noch überlegen wie man sie verbessern kann oder was man mit ihr machen kann. Wir bauen permanent auf neuem Wissen auf und das manchmal zielgeführter oder nicht. Doch dieses würde zu einer gesellschaftlichen Problemdarstellung führen, die zu ausschweifend wäre.

Beste Grüße

Andy

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Norman
Gelöschter Benutzer

Automatische Verhaltensmuster und konditionierte Reflexe/Das Unterbewusstsein

von Norman am 04.03.2012 16:47

Dies ist ein sehr komplexes Thema, daher werde ich mich nur auf das wesentliche beschränken. Manche Metaphern sind stark vereinfacht. Auf folgende Fragen möchte ich hier eingehen:

 

Wie viel Informationen kann unser Gehirn aufnehmen?
Welche Lernschritte benötigen wir um das Fahrrad-Fahren zu erlernen?
Warum investieren Firmen so viel Geld in die Werbung?
Warum fühlen wir mit, wenn ein anderer schmerzen hat?
Was senden wir unwissentlich an unsere Umgebung aus?
Gibt es wissen, welches vererbt wird?
Können wir eine Handlung ohne eine Absicht dahinter durchführen?
Wenn unser Bewusstsein 15 mm lang wäre, wie lang wäre dann im Verhältnis unser Unterbewusstsein dazu?
Kann unser Ego unabhängig vom Gehirn existieren?

Im Grunde haben wir nicht nur ein Gehirn, sondern mehrere Gehirne im Kopf. Unserem Gehirn ging eine lange Entwicklung voraus. Die Bedingungen, welche unsere Vorfahren ausgesetzt waren, haben nicht nur unseren Körperbau beeinflusst, sondern auch die Struktur unseres Gehirns. Als ältesten Teil unseres Gehirns betrachtet man das Stammhirn, auch als Reptilengehirn bezeichnet, man schätzt, dass es sich bereits vor 500 Millionen Jahren entwickelt hat. Es ist mitunter für unser Angriff- oder Fluchtverhalten verantwortlich.
Über dem Hirnstamm liegt das Limbische System, welches sich vor 200-300 Millionen Jahren entwickelt haben soll. Dieses ist bei Säugetieren ausgeprägter vorhanden, als bei anderen Tierarten. Dieses ist vor allem für unsere Emotionen verantwortlich, auch werden dort, so zu sagen, unsere Erinnerungen zwischen gelagert bevor sie ins Großhirn übergehen.
Der jüngste Teil unseres Gehirns, das Großhirn, hat sich vor etwa 50 Millionen Jahren entwickelt, und ist beim Menschen am stärksten ausgeprägt. Dieser Teil des Gehirns macht vor allem unsere Persönlichkeit aus, hier werden Entscheidungen getroffen, Sprachen gelernt, und Konzepte konstruiert.

Wenn wir eine neue Erfahrung im Leben machen, so wachsen in unserem Gehirn neue Nervenbahnen. Je öfters wir eine Erfahrung wiederholen, desto mehr wachsen diese Nervenbahnen aus, und umso mehr Informationen können über diese fließen. Je seltenen wir etwas tun, umso schwächer sind die dazu gehörigen Nervenbahnen ausgeprägt. Monotonie ist reinstes Gift für unser Gehirn, und wohl auch eine der Hauptursachen für Altersdemenz.
Wenn wir Informationen aufnehmen, so werden diese in unser Kurzzeitgedächtnis zwischen gespeichert. Der Schlaf scheint auch eine wichtige Rolle zu spielen, wenn Informationen ins Langzeitgedächtnis übertragen werden. Wir erinnern uns an Situationen die mit Emotionen verknüpft waren, besonders gut. Auch viele wiederholte Erfahrungen wandern ins Langzeitgedächtnis. Das Kurzzeitgedächtnis soll vermutlich somit aussortieren, welches Wissen für uns notwendig ist, und welches wir weniger oder gar nicht benötigen. Menschen bei denen der Hippocampus entfernt wurde, können keine Erinnerungen vom Kurzzeitgedächtnis ins Langzeitgedächtnis übertragen.

Neue Erfahrungen werden mit alten Erfahrungen verknüpft. Da sich die Struktur des Gehirns bei neu erlerntem verändert, gibt es keine Obergrenze an Erfahrungen die wir machen können. Es entsteht sozusagen ein Wissensnetz in unseren Kopf.

Das hat jedoch zu Folge, dass sich auch unsere Erinnerungen mit neuen Erfahrungen verändern. Wir nehmen unsere Erinnerungen als objektiv war, und bemerken den Prozess der Veränderung nicht.

Alfred Bandura teilte das Lernen in 4 Stufen ein:

1. Unbewusste Inkompetenz: Wir wissen nicht um die Fertigkeiten, und wir können sie auch nicht.
Als du auf die Welt kamst, wusstest du nichts vom Fahrrad fahren, und du konntest dies auch nicht.

2. Bewusste Inkompetenz: Wir wissen was wir nicht können.
Irgendwann hast du andere Kinder gesehen, welche Fahrrad fuhren, konntest aber noch selber kein Fahrrad fahren.

3. Bewusste Kompetenz: Wir sind uns bewusst, was wir gerade tun.
Als wir das erste Mal Fahrrad fuhren, waren wir noch ziemlich wacklig auf ihm, und unsere Aufmerksamkeit war darauf gerichtet das Fahrrad gerate zu halten.

4. Unbewusste Kompetenz: Wir machen es, ohne noch darüber nachzudenken.
Wir können Fahrrad fahren, und gleichzeitig noch ein Gespräch führen.

Oder denke an deine erste Fahrstunde, wie musstest du damals über jeden Griff noch nachdenken, was du heute alles automatisch machst.

Der Psychologe Pawlow entdeckte, dass sein Hund jedes Mal zu sabbern anfing, wenn er seine Glocke läutete, mit der er seinen Hund rief, wenn er ihn etwas zu essen gab. Doch der Hund begann auch zu sabbern, wenn es nichts zu essen gab. Dies bezeichnet man als Pawlow-Reflex, oder Konditionierte Reflexe.
Das gilt auch für uns Menschen, und ist für unser überleben notwendig. Gewisse Handlungen, Gegenstände, Töne, und Situationen werden mit bestimmten Gefühlen verknüpft. Das läuft völlig automatisch ab, ohne dass wir diesen Prozess selber wahrnehmen. Wir müssen nicht jedes Mal aus neue die Erfahrung machen, dass eine Herdplatte heiß ist, oder das uns Spagetti schmecken. Welche Gefühle somit in uns verankert sind, hängt mit den Erfahrungen der jeweiligen Person zusammen. Wenn du deinen Pudding in den Einkaufskorb legst, dann denkst in den Augenblick wahrscheinlich nicht an die attraktive Frau aus der Werbung, welche fast ein Orgasmus beim schlecken dieses Puddings bekam.
Die Werbung arbeitet viel mit solchen Tricks. Es ist nicht so, dass jeder, der so einen Spot sieht, sich auch den Pudding kauft, doch wird die Wirkung der Werbung von vielen sehr unterschätzt.

Auch für das geistige Erfassen, dieses Textes ist der konditionierte Reflex mit verantwortlich, denn du musst nicht bei jedem Buchstaben oder Wort erst darüber nachdenken was dies Bedeutet. Wenn ich von einem Tiger schreibe, kannst du dir ein Bild von einem Tiger in deinen Kopf abrufen. Auch hier hast du etwas mit dem Wort Tiger verknüpft, was aus deiner eigenen Erfahrung stammt.

Giacomo Rizzolatti entdeckte bei Tierversuchen mit Affen die sogenannten Spiegelneuronen. Diese sind mitunter dafür verantwortlich, dass wir Empathie empfinden. Wenn wir jemanden bei einer gewissen Handlung beobachten, so versetzen die Spiegelneuronen unser Gehirn in einen ähnlichen zustand. Rizzolatti konnte beobachten, dass bei Affen die gleichen Gehirnarsenale bei einer beobachteten Bewegung genauso arbeiteten, als wenn dieser die Bewegung selber durchführte.
Deshalb empfinden wir mitunter auch Traurigkeit, nur bei dem Anblick eines Fotos mit einen traurigen Gesicht.
Spiegelneuronen sind für das Lernen sehr wichtig, über 90 % aller unserer Fertigkeiten haben wir durch Imitation gelernt.

Jeder Prozess in unserem Gehirn, löst auch eine Reaktion in unserem Körper aus. Somit wird jeder Gedanke den wir haben, auch in irgendeiner Form nach außen sichtbar. Jede noch so kleine Bewegung die wir machen, geht von unserem Gehirn aus. Wir kratzen uns nicht grundlos an der Nase, beißen uns auf die Lippe oder schauen an die Decke.
Über 90 % der gesamten Kommunikation zwischen Menschen, findet auf nonverbaler Ebene statt.
Vor dem Inhalt kommt erst noch die Körpersprache und die Stimme, die Signale aussenden. Wir haben schon etwas mitgeteilt, bevor wir überhaupt gesprochen haben. Diese Signale werden von allen wahrgenommen, von den meisten jedoch unbewusst.

An einen Telefon fällt die Körpersprache weg, und bei geschrieben Mitteilungen fehlt auch noch die Tonalität. Darum verwenden wir so gern im Internet Smileys. Gel?

Ein Teil unseres Verhaltens ist erblich bedingt, ein weiterer Teil ist kulturell bedingt, und ein weiterer ist individuell. Erblich bedingt sind unter anderem der Saugreflex sowie der Greifreflex, sowie fast alle Prozess in unseren Körper. Oder denkst du darüber nach, wie du etwas verdaust? Auch unsere Emotionen scheinen bei allen Menschen die gleiche Bedeutung zu haben, egal wo man aufgewachsen ist, oder aus welcher Kultur man stammt. Wie stark die einzelnen Emotionen empfunden werden, und wie man damit umgeht, ist wiederum kulturell und individuell. Viel von unserem Verhalten und unseren Vorlieben sind kulturell bedingt. Was uns umgibt das prägt uns, dass fängt bei der Kleidung an und geht sogar über unseren Glauben hinaus.
Unsere persönliche Erfahrung gekoppelt mit unserer individuellen körperlichen Beschaffenheit, prägt unseren Charakter. Daher sollten wir uns unsere Vorbilder sehr sorgfältig aussuchen. Welche Vorbilder geben uns eigentlich die Medien vor? Eine Frage über die es sich lohnt nachzudenken.

Die meisten Handlungen sind unbewusst. Vera F. Birkenbihl brachte das Beispiel, das, wenn unser Bewusstsein 15 mm lang wäre, dann wäre unser Unterbewusstsein im Verhältnis dagegen 11 km lang. (15mm/11km!?! ich hab mich hierbei nicht vertippt)

Man geht inzwischen davon aus, dass unser Ego überwiegend im Präfrontalen Cortex verarbeitet wird. Menschen mit Verletzungen in diesem Bereich, weisen mitunter starke Persönlichkeitsstörungen auf. Das Empfinden des eigenen Ichs ist ein Prozess im Gehirn. Wir kommen nicht mit einem Ich-Empfinden auf die Welt, sondern dieser entwickelt sich erst in den ersten Lebensjahren.

Da Gedanken, Emotionen und das Ich-Empfinden Prozesse im Gehirn sind, die auch gemessen werden können, so sind diese auch an den Körper gebunden.

Zusammenfassung:

Unser Gehirn hat sich im Laufe von Millionen Jahren zu dem entwickelt, was es heute ist.
Unsere Erinnerungen verändern sich mit jeder neuen Erfahrung.
Das Lernen von neuem durchläuft gewisse Stadien bevor es zu einem Automatismus wird.
Unser Gehirn verknüpft automatisch Emotionszustände mit Handlungen, Objekten, und Symbolen.
Die meisten Fertigkeiten haben wir durch Imitationen erlernt. (Was uns umgibt, das prägt uns.)
Jeder Gedanke erzeugt eine Reaktion die unser Gegenüber wahrnimmt (meist unbewusst).
Die meisten Vorgänge in unserem Körper nehmen wir nicht wahr.

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